Bilder einer Ausstellung

„Selfie“ ist das Wort des Jahres und rundet damit ein Internet-Phänomen ab: Menschen fotografieren sich selbst und stellen das ins Netz. Und weil der Mensch ein Mensch ist, werden auf diese Weise nicht nur Gesichts-Bilder veröffentlicht, sondern auch Fotos intimer Körperteile. Willkommen im Penis-Selfie-Land.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Wenn schon Penis-Selfie, dann ganz. Oder gar nicht.

von Gabriele Kuhn

über Selfies.

Ich hab’s ganz gern, mental unabhängig zu sein und bin folglich kein Fan von „So-geht-das“-Literatur bzw. -Journalismus. Ich will einfach nicht wissen, was mir einer, der nur vorgibt zu wissen, empfiehlt. Aber es gibt Tage, da mag man es eben banal und stöbert in „How-to“-Seiten: „Wie backe ich das perfekte Vanillekipferl?“ „How to look sexy, when you're overworked and underfucked“? „Wie verführe ich einen Mann, ohne mich zu blamieren?“ Oder: „How to wear socks in bed and look trotzdem umwerfend sexy.“ Die da angeführten Ratschläge sind natürlich meist unendlich banal, aber damit ist es wie mit Soletti, Chips oder Burgern: Das ist Junk, der manchmal sein muss bzw. darf. Nun wurde vor kurzer Zeit das Wort „Selfie“ zum Wort des Jahres gewählt. Für jene, die es noch nicht wissen: Selfies sind die derzeit so beliebten Selbstporträts, die man von sich ins Netz stellt. Allerdings ist es so, dass sich das Selbstporträt nicht nur auf den Körperteil des Menschen beschränkt, den man Gesicht nennt. Denn natürlich liegt auf der Hand, dass auf diese Weise auch andere, intimere Körperregionen vor die Linse kommen und in die Welt gebeamt werden.

Besonders beliebt, erraten: Selfies von Penissen. Was mich nicht weiter verwundert. Vor längerer Zeit schrieb ich an dieser Stelle über die Internet-Seite namens Chat-Roulette. Da werden zwei zufällig ausgewählte Nutzer in einen Chat zu zweit („One-on-One“) verbunden, man kann sich per Webcam, Mikrofon und Tastatur verständigen. Und weil ich es selbst ausprobiert habe, weiß ich aus Erfahrung: Ein hoher Prozentsatz der zufällig ausgewählten Nutzer hängt den Schwanz vor die Kamera des Computers. Mir wurde damals klar, dass Exhibitionismus kein Randphänomen, sondern das Hobby vieler (auch sehr junger) Männer ist.

Doch zurück zu den Penis-Selfies: Ein Penis, man verzeihe mir, ist von Natur aus kein Klimt. Als Frau liebt man ihn, weil er im Moment der Leidenschaft gut tut – er muss einfach nur da sein und seiner Bestimmung folgen. Doch, sonst, genau betrachtet: Nein, Helden sehen anders aus. Überhaupt hautnah fotografiert. Aber natürlich mit dem richtigen Blickwinkel, der richtigen Idee, dem besseren Licht lässt sich auch aus dem schlichtesten Glied noch ein kleines Schmuckstück machen. Zumal es eine Vielzahl von Apps zur Fotobearbeitung gibt – ein Weichzeichner könnte hier vielleicht kleine Wunder vollbringen. Um beim Anfangsthema zu landen: Im Internet gibt es zahlreiche „How-to“-Guides für das richtige Penis-Selfie. Motto „Pimmelfotos – leicht gemacht“. Beziehungsweise: „Pimmelfoto – so geht’s“. Eine Amerikanerin gibt sich gar die Mühe, auf ihrem Blog „Critique My Dick Pic“ nicht nur zu schreiben, wie man ein hübsches Penis-Selfie kreiert, sondern sie rezensiert die Lichtbilder sogar, inklusive Schulnoten und Verbesserungswünschen. Was gar keine schlechte Idee ist, denn wer sich auf den vielen „Cock-Selfie-Seiten“ ein wenig umsieht (es gibt sogar eine auf Twitter, wäh!), wird bemerken, dass die meisten Amateurfotografen keine Standing Ovations für ihre Stand-Bilder verdienen würden. Da sage ich nur: Männer, es geht besser. Wenn schon Penis-Selfie, dann ganz. Oder gar nicht.

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