Vom Tuten und Blasen – und vom Turnen

Niki Glattauer

Niki Glattauer

Gebt uns in Sachen Schule endlich das Heft in die Hand!

von Niki Glattauer

über Tuten und Blasen – und Turnen

Weil es mir beim Lesen des Regierungsprogramms grad sauer aufstößt: Da haben sie uns doch groß die tägliche Turnstunde angekündigt. Jetzt finde ich zu dem Thema, dass geplant ist, „stufenweise“ eine tägliche „Bewegungseinheit“ einzuführen, wobei diese „im Unterricht, in der Pause oder im Freizeitteil“ geschehen könne. Das nenne ich die tägliche Turnstunde – eine Bewegungseinheit zwischen den alten Griechen und dem alten Rom bzw. in der Pause.

„Smarttrottel weg, alle aufstehen! Fünf Mal Kopfkreisen, drei Strecksprünge, Arme hinter den Nacken und dehnen! Danke, setzen, weitersurfen!“

Kein Wunder, wenn es immer mehr Länder mit Erwin Pröll halten: Gebt uns in Sachen Schule endlich das Heft in die Hand! Dort sprießen nämlich weitgehend unbemerkt höchst erfreuliche Pflänzchen. Beispiel Wien, wo jetzt wieder mehr Musik in die Schule kommt. An den ersten 20 Wiener Volksschulen wurde heuer ohne großes Trompeten eine zweite Musikstunde in die Stundentafel gestellt – und zwar nicht noch eine von der Sorte Schlagt auf Buch Seite 37, Beethovens traurige, letzte Jahre, Ali lies!

Vielmehr werden da unter Anleitung von akademisch ausgebildeten Musikpädagoginnen tatsächlich die Instrumente ausgepackt, Schlagzeug, Trompete, Klarinette, Violine. Dazu Tanz, Spiel und Gesang, das volle Programm, eine Stunde pro Woche, vormittags und – gratis. In den nächsten Jahren soll das Projekt auf alle 260 Wiener Volksschulen ausgedehnt werden. Läuft unter dem Titel „elementares Musizieren“, entspringt einer Kooperation der Wiener Musikschulen (Stadtrat Oxonitsch) mit dem Wiener Stadtschulrat und fußt auf Ideen der Musikschuldirektorin Swea Hieltscher aus dem ostdeutschen Brandenburg, die vor knapp 15 Jahren nach Wien geholt wurde.

Sie sagt: „Nach vier Jahren werden wir hier eine Bläserklasse haben, dort ein Streicherensemble. Da eine Tanzklasse, dort Kinder, die sich für Musikspiel begeistern. Und ganz nebenbei helfen wir Wien, seinem Ruf als Musikstadt gerecht zu werden.“Wetten, dass auch das mit dem täglich Turnen irgendwann klappen wird? Vermutlich bräuchten wir dafür jetzt eh nur noch eine Direktorin aus Ostdeutschland ...

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