Leerausgänge

Da hast du als Lehrerin natürlich gleich alle Kinder hinter dir und aus dem Stand werden sie sanft wie die Lämmlein, wenn du sagst: Mitteilungsheft raus, tragt ein: nächste Woche, Do. Lehrausgang statt Schule. Statt Schule darfst du natürlich nicht sagen, statt Unterricht musst du sagen, schließlich ist der Lehrausgang ja Schule pur.

Jetzt weißt du als geübte Lehrerin: kein Lehrausgang ohne Vorbereitung, sonst wird ein Leerausgang daraus. Da machte z. B. die Kollegin aus dem näheren NÖ die Erfahrung, dass den Kindern das interessanteste Uhrenmuseum beim einen Ohr hinein- und beim anderen wieder hinausgeht, wenn sie die Uhr nicht können, bzw. smarttrottelbedingt nur die digitale Variante davon.

– Frau Lehrer, wo sieht man bei dieser Holztasche, wie spät es ist? Es gibt’s kein Display.

– Es gibt, heißt das, Ayse, nicht es gibt’s. Oder du machst einen Fragesatz daraus.

– Aha. Gibt kein Display?

– Über gibt und gibt’s reden wir noch, Ayse, und nein, diese Uhr hat nämlich Zeiger. Du erkennst die Uhrzeit an der Stellung der Zeiger, das sind die beiden ... Pfeile vorn drauf. Und es ist auch keine Holztasche, es heißt Kuckucksuhr.

Leider werden manchmal schon bei der Vorbereitung eines Lehrausgangs gewisse kognitive Defizite sichtbar. Fragte die Kollegin aus Graz, die anlässlich der Wien-Woche neben MaHü, Riesenrad, Cineplex, Naschmarkt und Foltermuseum kurz auch den Stephansdom ins pädagogische Programm nehmen wollte:

– Weiß jemand von euch, wie die Glocke im Stephansdom heißt?

Nichts.

– Es ist die größte Glocke in Österreich.

Meldet sich einer:

– Großglockner?

Dafür wusste eine andere von ihrem älteren Bruder, dass man dort sogar einkaufen kann.

– Sie haben oben auf dem Turm ein Shopping-Center.

– Ein Shopping-Center?

– Ja, ich schwöre, aber eines, wo es nichts gibt, was man braucht.

– Nichts, was man braucht. Meinst du einen Souvenir-Shop?

– Ja. Das.

Was lernt die Wiener Lehrerin daraus? Dass es anderswo auch nicht immer ganz anders ist.