Oberflächlich wirkt es ausgearbeitet und beeindruckend, es fehlt ihm aber an Substanz.

von Niki Glattauer

über Potemkin’sche Dörfer

Zwei Sätze in meiner Glosse vor 14 Tagen – und bis heute E-Post. Die einen: Was ich denn, bitte, unter "potemkinscher Schulreform" verstünde? Die anderen: Ob ich mich jetzt plötzlich auch f ü r unbezahlte Mehrarbeit von Lehrern ausspreche? Oder umgekehrt: Ob ich mich jetzt plötzlich auch g e g e n ein bisschen Mehrarbeit von Lehrern ausspreche? Eine wörtlich: "Wieso, Herr Lehrer, der Komparativ, (mehr Arbeit), wo es doch bei den meisten Lehrern schon den Positiv (viel Arbeit) nicht gibt?" Sehr witzig, liebe Leserin Gertrude W. :-)Zu 1) bemühe ich Wikipedia. Potemkin’sches Dorf: Etwas, das fein herausgeputzt wird, um den tatsächlichen, verheerenden Zustand zu verbergen. Oberflächlich wirkt es ausgearbeitet und beeindruckend, es fehlt ihm aber an Substanz. Lässt sich das schulpolitische Gemurkse der letzten Jahrzehnte, das man uns als "Schulreform" verkauft, treffender beschreiben? Jetzt denken die Zwei-Klassen-Schule-Bewahrer laut darüber nach, die NMS wieder abzuschaffen, da werden lieber Millionen in den Sand gesetzt, als dass man endlich die Voraussetzungen für ihr flächendeckendes Funktionieren schafft …Satz 2, Mehrarbeit. Ginge es wirklich um zwei Wochenstunden auf oder ab (lieber ab, wenn man mich fragt :-), kein Problem! 90 Prozent der Lehrerinnen haben 40-+-Stunden-Wochen. Weniger arbeiten nur die, die das auch in jedem anderen Beruf tun würden. Und viele mehr, man frage einmal die Kolleginnen von den BHMS oder in den AHS-Oberstufen, für die sind Arbeitstage unter zehn Stunden "Feiertage". Für blöd verkaufen will man sich halt nicht lassen. Zwei Stunden netto mehr im gleichen System wären brutto sechs bis acht Arbeitsstunden, es liefe auf ca. 20 Prozent weniger Lehrerinnen für dieselbe zu bewerkstellende Arbeit hinaus – ohne dass das einzelne Kind auch nur eine Minute mehr Unterricht dafür bekäme. Wofür? Um das Hypo-Debakel damit zu finanzieren? Wie sagte die Vorzeigeschule-Direktorin Margret Rasfeld im KURIER-Interview zu Ute Brühl: "Derzeit wollen wir im Schulsystem immer nur das Alte reparieren. Das ist keine gute Energie und die Lehrer sagen: Nicht schon wieder!" Genau.

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