Noten & Quoten

Niki Glattauer

Niki Glattauer

Unvorstellbar, dass ein paar blöde Noten ...

von Niki Glattauer

über die Aufnahme ins Gymnasium

Weil hier zuletzt das bm:ukk angesprochen wurde. Hier das Mail einer Leserin, das dort vielleicht gelesen werden sollte.

Sehr geehrter Herr Glattauer!

Zu allererst vielen, vielen Dank für Ihre wöchentliche Kolumne. Ein Abbild der Wirklichkeit. Mein Name ist Kathrin. Ich bin 30 Jahre alt und AHS-Lehrerin. Ich komme vom Land. Vor ein paar Wochen hat meine heile Welt ein paar gemeine Kratzer abbekommen (…), als ich an der von mir als „zweites Zuhause“ empfundenen Arbeitsstätte, einem Wiener Gymnasium, für das Anmelden der nächstjährigen Erstklassler eingeteilt war. Eine durch und durch furchtbare Aufgabe, weil ich mich nämlich gleich nach dem freundlichen Begrüßen der Familien, die sich mühsam Zeit freigeschaufelt hatten, ohne Umschweife nach dem Semesterzeugnis erkundigen musste. Nachfolgend musste ich Neun- bis Zehnjährige auf Herz und Nieren, sprich auf Gut und Befriedigend prüfen und den erwartungsvollen Eltern mitteilen, dass „wir heuer aufgrund des regen Zulaufs nicht garantieren können, dass die Tochter/der Sohn mit mehr als einem Gut im Semesterzeugnis der 4. Volksschule in unserem Gymnasium Aufnahme finden wird“. Viele Eltern- und Kinder fielen buchstäblich aus allen Wolken. Ob das mein Ernst sei? Wegen eines einzigen „Guts“? Oh ja. Und diejenigen, die ein „Befriedigend“ im Zeugnis stehen haben – bitte gleich zur Frau Direktor, sie wird Ihnen das erklären, wir dürfen das vom Gesetz her nicht. Jetzt frage nicht nur ich mich: Wann kommt sie, die Gesamtschule? Wann kommt endlich, endlich, endlich eine gemeinsame Schule für die 10- bis 14-Jährigen, die den Druck von a) den Kindern, b) den Eltern, c) den VolksschullehrerInnen und d) den AHS-Direktoren und -Direktorinnen nimmt („Mein Kind MUSS ins Gymnasium!“, „Wenn Sie meinem Kind ein en 3er geben, dann ...“, usw)? Unvorstellbar, dass ein paar blöde Noten – die niemals objektiv sein können! – schon so früh über das Schicksal eines Kindes entscheiden.

Kathrin Schragl-Fouchal

In Wien gibt es zurzeit 83 AHS mit Unterstufe, die privaten schon dabei. Und 65.000 (!) Volksschülerinnen, die alle dorthin drängen, weil: Kind in Wien und n i c h t im Gymnasium bist du schon Zweiter!

Wie meinte oben die Kollegin so treffend: „Unvorstellbar, dass ein paar blöde Noten ...“

Dem ist nichts hinzuzufügen.

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