Neujahrsfortsatz

Die Deutschlehrerin: – … und nächste Stunde reden wir über den Neujahrsvorsatz. Ich hoffe, jeder findet einen.

Nächste Stunde: – Sebi, warum blätterst du im Bio-Buch? Wir haben jetzt Deutsch!– Ich konnte es nicht finden?– Was finden?– Haben Sie Wurmfortsatz gemeint?

Okay, dieses Missverständnis konnte geklärt werden. Dabei ist ja die praktische Umsetzung von Vorsatz in der Regel eh der Fortsatz. Z. B. nimmst du dir am 1. Jänner hoch und heilig vor, auf deine Tochter in Zwanzigsechzehn (© Klug) keinen schulischen Druck mehr auszuüben, immerhin bist du als Vater für Gernhabungen zuständig (und nicht für, sagen wir, die "Quartile nach n Beobachtungen", und dann fragst du sie am 2. Jänner, ob sie in Mathe über die Ferien wirklich nichts zum Lernen aufbekommen hat und hoffentlich wenigstens das mit den Quartilen nach n Beobachtungen inzwischen kann. Besser also gleich ein Vorsatz, der mit dem Fortsatz deckungsgleich ist.

Ich z. B. habe mir u. a. vorgenommen, meinen Ärger über den penetranten Handygebrauch im öffentlichen Fußgängerverkehr weiterhin nicht ungesund zu unterdrücken (alle konzentrieren sich deppert auf ihre Displays statt auf den Fließverkehr). Schauma, wann ich in einer Öffi-Station meinen nächsten selbsttherapeutischen Schreikrampf kriege. Im "Biber Newcomer" habe ich gelesen, dass Langenscheidt "Smombie" zum Jugendwort 2015 gewählt hat. Ein "Smombie" sei, wer so an seinem Smartphone hänge, dass er oder sie sich wie ein Zombie durch die Straßen bewege. So gesehen besteht das sich öffentlich fortbewegende Wien aus lauter "Smombies".

Sei einmal mit U-Bahn, Bus oder Bim zwischen halb sieben und acht Uhr Früh unterwegs, z. B. weil du, ehe du selber dein Tagwerk beginnst, am anderen Ende der City ein minderjähriges Schulkind in die Arbeit schaufelst – fünf Aufgehunfälle Minimum! Und dann in der Klasse: – Ich hab gelesen, Sie hassen die Burka, Herr Lehrer.– Richtig, Zeynep, aber noch mehr hasse ich Smarttrottelmissbrauch im Fußgängerfließverkehr.– Smart... was?– Vergiss es. Und richte dir dein Kopftuch, es sitzt schief.