Mein Leiden im Amateurfußball

Paul Scharner

Paul Scharner

Seit zweieinhalb Jahren sammle ich als Rückkehrer in die Heimat Erfahrungen im Amateurfußball. Mein Zwischenfazit: Das Dilemma des österreichischen Sports ist kein Zufall, das hat schon seine Gründe.

Es geht immer um das verkrustete, alteingesessene System mit Dachverbänden, Vereinen und Funktionären, die ihre persönlichen Ziele weit vor allem anderen an die oberste Stelle setzen.

Zum einen versuche ich, bei der Neugründung des SC Eisenstadt behilflich zu sein. Zum anderen bin ich Jugendleiter-Stellvertreter bei einem kleinen Verein in der NÖ-Gebietsliga, also in der sechsten Leistungsstufe.

Bei den Sitzungen bin ich immer wieder überrascht, welch hohes Budget dieser Verein aufstellen kann. Und dann frage ich mich, was möglich wäre, wenn nicht fast alles davon in die Kampfmannschaft investiert werden würde, sondern über mehrere Jahre gezielt und mit Plan in den Nachwuchs.

Sicher sehr viel! Aber das geht nicht, weil ja nur die Ergebnisse der "Ersten" zählen. In der sechsten Liga, wohlgemerkt.

"Geht nicht"

Auch in Eisenstadt höre ich hauptsächlich: "Das geht nicht!" Etwa von einflussreichen Verbandsfunktionären, die gleichzeitig Obmänner von wichtigen burgenländischen Vereinen sind. Ein Schelm, wer daran denkt, dass in der Landeshauptstadt ja keine neue Konkurrenz erwachsen darf.

In Gesprächen mit Vereinsfunktionären aus Dörfern mit 600 Einwohnern beschleicht mich immer öfter das Gefühl: Es geht gar nicht um den Sport, um den Nachwuchs, um Chancen für unsere Kinder. Nein, es geht um persönliche Spielwiesen und einen Haufen Geld, der wie beim DKT verschoben wird.

Meine Vermutung: Das ist kein reines Fußball-Problem, sondern das österreichische Sittenbild in den meisten Sportarten.

Ein konkretes Beispiel: Im NÖ-Verband wurde vorgeschlagen, dass es eine grundsätzliche Verpflichtung zu Aufwandsentschädigungen für Nachwuchs-Trainer geben soll. Als Zeichen, dass diese Arbeit mit unseren Kindern sehr wichtig ist und von den Vereinen auch mit dem nötigen Ernst betrieben wird.

Der damalige NÖ-Verbandspräsident Binder antwortete: "Nein, das geht nicht. Wenn ich das durchsetze, werde ich von den Vereinsfunktionären nicht mehr gewählt." Als Ironie der Geschichte wurde Binder trotzdem abgewählt.

Genug Ressourcen

Ich glaube, dass es genug Ressourcen für Amateurfußball gibt. Aber die Verteilung der Gelder müsste neu organisiert werden. Mit diesem System geht es nicht mehr.

Mir als fünffachem Vater tut es weh, wenn die Kinder nicht ausreichend gefördert werden, weil sich die Funktionäre lieber selbst zerfleischen. Das oberste Thema sollte Selbstreflexion sein: Wie kann ich wirklich helfen, um der Gemeinschaft etwas zu geben? Tatsächlich fragen aber die meisten nur: Was kann ich tun, damit ich selbst einen Vorteil habe?

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