Extrem ist das neue Normal

Driftet die Gesellschaft auseinander? Ein Standpunkt ist heute nur noch dann ein Standpunkt, wenn um ihn herum massenhaft Luft ist, weil man sich so weit wie möglich von den anderen distanziert hat. Etwa politisch: Auf der einen Seite die Anhänger des Kandidaten A, auf der anderen die von B. Dazwischen passten früher einige sperrige Dreiecksplakatständer und ein Wahlkampf mit ein paar linken und rechten Haken. Heute passt da komfortabel eine ganze Galaxie hinein, denn keiner will mehr dieselbe Luft atmen wie seine Gegner. Die sollen sich bitte eine anderes Universum suchen.

Oder in Ernährungsfragen: Obwohl die Zahl der Fleischlos-Esser signifikant steigt, steigt auch der Fleischkonsum. Wie geht das? Indem das Extrem zur Norm wird. Ganz oder gar nicht. Leben, aber nicht mehr leben lassen. Das erzeugt soziale Gräben: Tief empfundene moralische Überlegenheit auf der einen Seite, hämisch-besserwisserische Überheblichkeit auf der anderen. Beides ist gleichermaßen abstoßend.

Und wenn eines Tages niemand mehr irgendwen mag, dann können alle wieder ein Stück zusammenrücken.

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