Falsche Neunziger

Julia Pfligl

Sobald beim Fortgehen ein Lied aus den Neunzigern ertönt, geraten wir in eine kollektive Ekstase. Warum eigentlich?

von Julia Pfligl

über den Nineties-Hype der Millennials

Es gibt ja kaum etwas, das den Vertretern der Generation Y nicht vorgeworfen wird: Wir wollen keine Verantwortung tragen, kümmern uns lieber um die Wahl des richtigen Instagram-Filters als um die weltpolitische Lage und finden, eine 40-Stunden-Woche sei viel zu anstrengend. Ein Punkt aber fehlt auf der Beschwerdeliste (als Betroffene darf man das sagen). Der Gedanke kam mir, als ich mit zig anderen Mittzwanzigern auf den Einlass in einen Club am Gürtel wartete (nicht wissend, dass die Schlange vor der Garderobe noch länger sein würde). Alle wollten zur Nineties-Party, die dort einmal im Monat stattfindet. Und zwar wirklich: Alle.

Man kennt das ja: Sobald beim Fortgehen ein Lied aus den Neunzigern ertönt, geraten wir in eine kollektive Ekstase, fallen einander um den Hals und grölen den Text mit. Warum eigentlich? Als "Wannabe" die Spitze der Charts erreichte, kamen die meisten von uns in die Volksschule. Beim Release von "I Want It That Way" schrieben wir vermutlich gerade die erste Englischschularbeit. Wir sind vielleicht in den Neunzigern aufgewachsen – der Soundtrack unserer Jugend klingt aber ganz anders: nach Shakira, No Angels und "Teenage Dirtbag". Ja, diese Erkenntnis mag schmerzen. Aber irgendwann sind die Nuller-Jahre sicher auch wieder cool.

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