Das Gute am Hype
Alle Anzeichen deuten darauf, dass junge Menschen heute mehr und intensiver mit geschriebener Sprache leben als je zuvor.
Ach, wie leicht es doch wäre, sich hier über „Twilight“ lustig zu machen. Und über „ Shades of Grey“ und „Hunger Games“, natürlich. Und über alle anderen aktuellen Bücher-Hypes, die literarische Alltagsware, die hauchdünn ausgewalzten Geschichten-Strudelteig oder amerikanisch-verkrampfte Sexualmoral (oder all das zusammen) über die Welt verbreiten.Aber es wäre auch fad, sich darüber lustig zu machen – und grundfalsch. Das sicherste Mittel, sich zu blamieren, ist nicht, in der U-Bahn heimlich SM-Romane oder Bücher vom Kampf eines Mädchens gegen die größte Casting-Show der Welt zu lesen. Sondern deshalb über den Untergang des Abendlandes zu jammern. Denn alle Anzeichen deuten darauf, dass junge Menschen heute mehr und intensiver mit geschriebener Sprache leben als je zuvor. Das mag zwar nicht unbedingt die Hochliteratur nach dem Bildungsbürger-Kanon betreffen (wann haben Sie Ihren zuletzt abgestaubt?).Aber die jungen Menschen leben in sozialen Netzwerken, schreiben haufenweise SMS, tauschen sich über Webseiten aus – und da steht überall das geschriebene Wort im Zentrum. Und sie lesen (auch) jene Bücher, die bei allzu großem Erfolg gerne herablassend als „ Hype“ abgetan werden.Gäbe es all das nicht, würde nur eines passieren: Dass die Menschen weniger lesen. Und das kann niemand wollen.georg.leyrer@kurier.at
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