Als der Rap schwul wurde

Ein Foto das dieser Tage die deutsche HipHop-Welt beschäftigt.
Zwei sich küssende Männer auf dem Albumcover von Deutsch-Rapper Bass Sultan Hengzt sorgen für Aufregung.
Mathias Morscher

Mathias Morscher

Wir befinden uns im Jahr 2015 nach Christus. Die HipHop-Szene ist nicht mehr homophob. Die Ganze? Nein! Ein von einigen unverbesserlichen Rap-Fans bevölkertes Internet hört nicht auf, gegen Homosexualität zu wettern. So geschieht es gerade bei dem Deutsch-Rapper Bass Sultan Hengzt, der für das Premium-Cover seines neuen Albums "Musik wegen Weibaz“ ein Foto von zwei einander küssenden Männern verwendet.

Ein ästhetisches Foto von zwei attraktiven Männern, das genauso gut die Vogue zieren könnte. Aber es ist eben das Cover eines Rap-Albums. Von einem Mann, der sich vor Jahren mit indizierten Songs wie „Schlampe“ und Textzeilen wie „Es gibt `nen Schwulen namens Samy Deluxe, und die schwulen Headliner, die uns ficken wollen doch dann kommt keiner“ einen Namen in der Szene machte.

Das gehört der Vergangenheit an, sagte er dem Spiegel, aber auch dass die Beleidigung von Schwulen so „ein Rap-Ding“ ist, ein Stilmittel. Fabian Cataldi, so heißt Herr Hengzt bürgerlich, ist es auch Leid, das ständig erklären zu müssen – das hat man übrigens auch schon von Bushido gehört. Und Sido. Und *Rapper-Namen einfügen*.

Angekommen ist das aber nicht bei all seinen (Ex-)Fans. „Schwule Ratte“, „Schwul und ohne Stolz ist der Weg zum Erfolg“ oder „Größter Fake-Künstler in der Geschichte der deutschen Musik“ sind noch die nettesten Beleidigungen auf der Facebook-Seite des Musikers – auch Todesdrohungen finden sich darunter.

Drohungen, die es bei zwei küssenden Frauen wohl eher nicht geben würde. Weil, das hat ja nichts mit Homosexualität zu tun. Weil, Lesben "sind geil". Weil, nein, es ist egal, ob sich Männer oder Frauen küssen. Schwul ist schwul. Abgesehen davon, sollte es 2015 jedem selber überlassen sein, mit welchem Geschlecht er sich vergnügt – solange es allen Beteiligten Spaß macht.

Zur Image-Rettung der Deutsch-Rap-Fans sieht das auch der überwiegenden Teil von Herrn Hengzts Facebook-Anhängern so: „Liebe ist Liebe egal wie sie aussieht!“, „Ganz stark und großen Respekt“ und „Für dass (sic.) Cover gibt's meinen ersten like für Deutsch-Rap!“ liest man dort.

Wahrscheinlich geht es Bass Sultan Hengzt weniger um eine Diskussion über Homosexualität in der Rapmusik als vielmehr um gelungene Promo für sein neues Album. Dennoch hat Herr Hengzt einen wunden Punkt der Szene getroffen, der endlich diskutiert werden muss. Im Spiegel stellt er trotzdem klar, dass er nicht schwul ist – nicht das noch jemand auf falsche Gedanken kommen könnte. Schwul sein ist im HipHop ungefähr so beliebt wie schwul sein im Fußball und könnte das Karriereende bedeuten (auch in manchen Teilen der Politik wird "schwul" immer noch als klagbare Beleidigung gesehen). Getraut haben sich das auch bis ins Jahr 2015 nach Christus nur wenige. Frank Ocean zum Beispiel, oder Eminem - sarkastisch - in „The Interview“.

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