Zirka wie ein Pfitschigogerlpreis

Zirka wie ein Pfitschigogerlpreis
Wie immer kennen den neuen Nobelpreisträger für Literatur die wenigsten.
Doris Knecht

Doris Knecht

Eh wie immer. Wer schon einmal etwas vom neuen Literaturnobelpreisträger gelesen hat, bitte aufzeigen. (Schweden und Schwedinnen ausgeschlossen.) Dass man von einem Schriftsteller nie etwas gehört hat, heißt selbstverständlich nicht, dass er den Nobelpreis nicht verdient hat, und es sagt ebenso selbstverständlich nichts gegen den Preis als solchen. Was den Literaturnobelpreis allerdings Jahr für Jahr wieder zu einer Farce macht: Dass Philip Roth ihn immer noch nicht hat. Und solange Philip Roth ihn nicht hat, ist der Literaturnobelpreis so viel wert wie ein Pfitischigogerlpreis. Da bin ich stur und bleibe es, und es hat, verehrte Leserschaft, überhaupt keinen Sinn, darüber mit mir diskutieren zu wollen. Schon gar nicht mehr, seit ich auf Arte die wunderbare Dokumentation "Philip Roth, ohne Beschwerden" (auf arte.de derzeit leider nicht, aber hoffentlich bald wieder verfügbar) gesehen habe. Denn Philip Roth ist, wie der Film zeigt, einer dieser seltenen Fälle, in denen der Mensch den Künstler nicht desavouiert oder umgekehrt: Roth ist ein fantastischer Schriftsteller und ein großer Mann. (Seine Ex-Frau sagt vielleicht etwas anderes, aber.) Ein klarsichtiger, humorvoller Weiser, ein sorgfältiger, lauterer Denker, der im Interview gescheite und berührende Dinge über das Leben, das Schreiben und das Sterben erzählt. Aber das hat die Nobelpreisjury offenbar auch nicht gesehen. Das Einzige, was an deren heuriger Entscheidung gut ist: Dass sie mit großer Geste auf die Lyrik weist. Man sollte nämlich viel mehr Gedichte lesen. Ich habe eben wieder Rilke, Auden, und Yeats gelesen und es nicht bereut. Vielleicht lese ich irgendwann ja auch noch, wie hieß er gleich?, Tranströmer. Vielleicht.

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