Zehnjährige verklagen

Wie das Heranwachsen der meisten Kinder, ist auch jenes der Tochter von Hedwig D. geprägt von einem Interessens-Trial-&-Error: Kinder müssen ausprobieren, was sie können, um herauszufinden, was sie wollen. Welche Sportarten ihnen liegen, beispielsweise.

Die damals neunjährige Franziska jedenfalls wollte im Herbst 2012 klettern lernen, ihre Mutter fand das eine gute Idee und meldete sie zu einem Kletterkurs beim Österreichischen Alpenverein (OEAV) an. Zehn Kletter-Einheiten kosteten 90 Euro, plus 22 Euro OEAV-Jahres-Mitgliedsbeitrag, da den Kurs nur belegen kann, wer Mitglied ist. "Ärgerlich für alle Gegner der Vereinsmeierei", schreibt Frau D., aber wenn’s nicht anders geht. Die kleine Franziska kletterte also bis Dezember 2012 ihre zehn Kurseinheiten durch und kam währenddessen zur Erkenntnis, dass Klettern nicht ihre Sportart ist.

Weshalb für ihre Mutter auch keinerlei Veranlassung bestand, weiterhin Mitglied beim Alpenverein zu sein: Sie bezahlte also 2013 den Beitrag nicht mehr ein. Dennoch bekam das Kind einen Zahlschein zugesandt, allerdings mit der Info: "Betrag bereits bezahlt". Damit hielt Frau D. die Sache für erledigt. War sie aber nicht. Denn ein Jahr später, im Jänner 2014, erhielt das Kind – immer das Kind, wohlgemerkt – eine "wichtige Erinnerung": die Versicherungsleistungen des OEAV würden auslaufen, es seien 22 Euro zu bezahlen. Der Kletterkurs lag zu diesem Zeitpunkt über ein Jahr zurück, Frau D. hatte keinen Bedarf für eine Versicherung, rief dort an und klärte die Sache verbindlich. Im März erhielt Franziska dennoch eine Mahnung. Frau D. telefonierte erneut: alles okay. Ende Mai trifft ein an die Zehnjährige adressiertes Schreiben ein: Sie möge den offenen Betrag plus Mahnspesen umgehend überweisen, "andernfalls sind wir gezwungen, diese Forderung unserem Rechtsanwalt zu übergeben."

Natürlich kann eine Zehnjährige nicht geklagt werden: Aber man kann ihr drohen und Angst machen. Sehr bergsportlich ist das nicht.