Wien: die coolste Stadt der Welt

Doris Knecht

Doris Knecht

Ganz plötzlich ist Wien die lässigste Stadt der Welt. In den Lebensqualitäts-Studien nimmt Wien ja schon länger konsequent einen der vorderen Plätze ein: Wir punkten mit leistbaren Wohnungen, sauberer Umwelt, gutem Essen, vorbildlicher Kinderbetreuung, gut ausgebautem öffentlicher Verkehr. Aber so richtig cool, so Berlin- oder New-York-cool, war Wien nie. Wir waren berühmt für unseren morbiden Schmäh, für unsere Mehlspeisen, für die Gemütlichkeit, für das gute Wasser, für die schöne Gründerzeit-Architektur, den guten Wein und die die Kaffeehäuser, für große Schnitzel und kleine Schwarze, aber cool, stylisch, angesagt: nein.

Jetzt aber. Vor allem deutsche Medien singen Wien ein Lob-Lieb, das ordentlich rockt. Denn Junge Künstler wie die Bands Wanda, die großartigen Bilderbuch oder die lustige, bissige Schriftstellerin Stefanie Sargnagel ringen der Stadt Aspekte ab, die in der Wien-Rezeption bislang weitgehend unbekannt waren: Wien wird mit jugendlichem Elan, mit fitter Zeitgenossenschaft, mit frischer Aufgewecktheit konnotiert, auf eine verschlurfte Art zwar und mitunter ganz schön übernachtig, aber doch: wach, präsent, jung.

Natürlich fliegen in den sozialen Medien die Hackln tief: Das sei doch alles Blödsinn, Fehler-gespickt, falsch gewichtet, lausig interpretiert und so auch gar nicht wahr. Also die typisch wienerische Obezahra-Reaktion auf etwas Positives und Lobenswertes.

Dabei ist es doch genau das: schön und hoch erfreulich, wenn die Wienerstadt einmal nicht nur von den bewährten älteren, alten oder schon toten kulturellen Aushängeschildern vertreten wird, von Schnitzler, Kraus, Altenburg, Schubert, von Loos und Hoffmann, von Kokoschka, Klimt und Schiele, von Peter Alexander, Heinz Conrads und Falco, von Lassnig, Jelinek, Haneke und Waltz, von der Mutzenbacherin, von Kottan- und vom Mundl.

Sondern von ein paar jungen, frischen Kulturschaffenden, die international Erfolg haben und die endlich einmal auch ein ganz anderes Wien-Bild in die Welt tragen: ein temporeiches, modernes und saftiges. Das schwemmt vielleicht auch den Rest der modernen jungen Wien-Kultur an die Oberfläche, Kunst und Architektur, Mode, Design und Film. Lasst uns die Jungen feiern und fördern; sie tun Wien gut.

Kommentare