Wie verletzlich der Mensch ist

Doris Knecht

Doris Knecht

Hass macht unglücklich, und er kommt zurück.

von Doris Knecht

über die Grazer Amokfahrt

Man möchte sich ohrfeigen, für die Kuchen-Rezept-Kolumne am Sonntag, die man früh am Samstag, bevor man ins Grüne fuhr, unbeschwert ins Layout tippte. Und dann, als sie am Sonntag erscheint und ausgerechnet unter der Berichterstattung aus Graz zu stehen kommt, ist sie nichts anderes als vollkommen deplatziert und peinlich. Weil in der Zwischenzeit ein Mann durchgedreht ist. Weil in der Zwischenzeit drei Menschen starben: ein Kind, eine Frau, ein Mann. Weil Unzählige verletzt wurden und zum Teil immer noch in Lebensgefahr schweben. Es ist unsagbar schrecklich und traurig, was da passiert ist. Tiefe Betroffenheit. Die Gedanken waren das ganze Wochenende bei den Toten und Verletzten und bei ihren Angehörigen, und sie sind es noch.

Vielleicht ist ein schlecht getimtes Kuchenrezept letztlich aber ein kleineres Übel im Vergleich mit den Kommentaren und Artikeln, die die Herkunft nicht nur des Täters ins Spiel bringen, sondern sogar jene der Opfer, und die aus der Tragödie politisches Kapital schlagen wollen. Denn obwohl es keinerlei Hinweis darauf gibt, dass Herkunftshintergrund oder Religion einen Zusammenhang mit oder einen Einfluss auf die Tat des Amokfahrers hatte, wurde und wird munter über mögliche religiöse oder politische Motive spekuliert und diese Spekulationen sogar sofort ungeniert und schamlos für Wahlkampf-Interessen genutzt. Jämmerlich und beschämend.

Denn das tatsächlich richtig Beunruhigende und Erschreckende an der Grazer Amokfahrt ist doch: dass sich solche Taten nicht verhindern lassen, durch gar nichts. Und vor allem, dass der Mensch furchtbar verletzlich ist und seine Lebenszeit begrenzt, unabsehbar und deshalb unendlich kostbar.

Insofern wäre es doch besser, wir würden unsere Zeit und unsere Leben nicht mit Hass vergiften, der uns letztlich am meisten selber quält und wehtut. Hass macht unglücklich, und er kommt zurück.

Froh macht dagegen bewiesenermaßen, für andere da zu sein und anderen zu helfen. Und wo man nichts Besseres tun kann, ist das vielleicht das Beste: Lieb sein, zu denen, die uns nahe sind, und zu denen, die es brauchen. Egal wie: miteinander reden, einander beistehen, versuchen, einander zu verstehen, füreinander da sein. Oder auch einen Kuchen backen. Und ihn gemeinsam aufessen.

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