Wie haben wir das nur überlebt?
Wie haben wir das nur überlebt?
Das Wetter hat einen klassischen Strich durch die letzte Kolumne gemacht. Die wurde nämlich verfasst, kurz nachdem man versucht hatte, mit 70 km/h eine undurchdringliche Regen-Nebelwand auf der Autobahn zu durchbrechen. Herbstlicher geht’s fast nicht, aber kaum war der Text verfasst, zog sich der Winter zurück und die Saison entschied sich doch noch für einen Altweibersommer. Schön, sehr schön, nur die Kaschmir-Suppen-Sache passte halt nicht dazu.
Auch nicht die Geschenkkataloge, die schon durch den Briefschlitz fallen. Sie sollen einen daran erinnern, dass bald wieder Weihnachten ist, und dass man rechtzeitig Geschenke für seine Liebsten besorgen solle.
Zum Beispiel einen Eierköpfer mit integriertem Salzstreuer für Euro 19,90. Oder eine Klobürste im Kirschendesign (35,90 Euro), Zirkus-Wäscheklammern (14,90), feuchtigkeitsspendende Handschuhe (27,90), einen Kunstfell-Almöhi-Bart (29,90 Euro) oder einen Jetlev-Flyer, mit dem man übers Wasser gehen kann (153.600 Euro).
Wie hat man es all die Jahre geschafft, ohne diese Dinge zu überleben – schlimmer noch: ohne auch nur eine Ahnung von der Möglichkeit ihrer Existenz zu haben?
Wie haben wir früher, vor der Erfindung der Pizza-Kreissäge unsere Pizza verkleinert? Wie ohne das Zuckerkamel Zuckerwürfel serviert? Wie konnten wir jahre- und jahrzehntelang unsere Eier eiförmig verspeisen, gänzlich ungeformt von einem „witzigen Eierformer“, der hart gekochte Eier in Bärchen, Häschen, Herzchen und Sternchen verwandelt? Wie haben wir im Winter telefoniert ohne Bluetooth-Handschuhe mit integriertem Mikrofon und Lautsprecher? (54,90 Euro), wie einen plötzlichen Wetterumschwung ohne Falt-Gummistiefel (64,90 Euro) in der Handtasche überstanden?
Der Katalog erinnert an noch etwas: Das man unbedingt das alte, in den letzten Jahren zusehends aufgeweichte Familien-Abkommen, einander zu Weihnachten nichts zu schenken, erneuern muss; unbedingt.
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