Vielleicht doch lieber anschrauben
Vorgestern habe ich eine Malm-Kommode zusammengeschraubt.
Vorgestern – und das ist kein auf die Nachrichtenlage zurechtgehämmerter Kolumnisten-Schmäh, sondern die reine Wahrheit – habe ich eine Malm-Kommode zusammengeschraubt. Die große, weiß, sechs Schubladen.
Als sie fertig war, schoben wir sie an die Wand, und nein, ich habe sie nicht befestigt. Ist ja erstens kein Regal, sondern eine schwere Kommode und kippt ja, würde man meinen, nicht so leicht, und zweitens sind keine gefährdeten Kleinkinder mehr im Haus.
Genau 24 Stunden, nachdem Malm montiert und in Betrieb genommen war, las ich die Meldung, dass IKEA in Nordamerika 36 Millionen Malms zurückruft, weil mehrere Kleinkinder unter der kippenden Kommode zu Tode gekommen waren. Nachdem ich das Video gesehen hatte, wie Malm einen Kleinkind-Dummy zerquetscht, der die erste Lade als Stufe nützt, um sich etwas aus der vierten zu holen, stellte ich meine Entscheidung infrage, die Aufforderung zu ignorieren, die Kommode an der Wand zu befestigen. Sowie alle Warnhinweise-Bilder vorsätzlich zu übersehen, die zeigen, was für Folgen eine Nicht-Befestigung hat.
In Europa kassiert IKEA die Malms vorläufig nicht ein, obwohl der Möbelkonzern in seinem Mutter-Kontinent sicher ebenfalls Millionen der Problem-Kommoden verkauft hat. Ich kenne kaum jemanden, der nicht irgendwo ein Malm in irgendeiner Ausführung stehen hat: in Fluren, in Küchen, in Schlafzimmern. Und in Kinderzimmern. Es würde einen interessieren, wie viele davon gesichert sind.
Bis jetzt scheint in Europa noch nichts Gravierendes passiert zu sein; plus: Der Malm- Rückruf in den USA hat bestimmt auch mit den dortigen Verbraucherschutz-Gesetzen zu tun, die hohe Millionen-Dollar-Schadenersatz-Klagen erlauben. Dennoch: Ob von den 36 Millionen viele zurückgebracht werden, ist fraglich. Denn wer schon einmal ein Malm zusammengeschraubt hat, will es auf keinen Fall je wieder auseinanderschrauben. Dann doch lieber gut an der Wand befestigen.
Das mache ich jetzt.
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