Ungeteilte Aufmerksamkeit
Daran muss man sich erst wieder gewöhnen. Geht aber, fürwahr.
Guten Tag, Ferien vorbei, alle wieder da. Jedenfalls all jene, die unter dem Joch der Schulpflicht ächzen. Man blickte am Sonntag auf der Heimfahrt aus dem Süden, während man sich in den Regen verfügte, neidisch all jenen glücklichen, meist älteren Herrschaften entgegen, die in die Gegenrichtung fuhren, hinunter zum Meer, in die Sonne.
Es kann nun berichtet werden, dass das Experiment „Zwei Wochen ohne Internet“ überstanden wurde, und zwar gesund, schadlos und ohne Entzugserscheinungen. Die Kinder jammerten kurz, dann entdeckten sie verborgene Talente und alte Kulturtechniken: Bücher lesen, tolle Sache, dafür hat man das also in der Schule gelernt. Und spielen kann man tatsächlich nicht nur mit PlayStations und Smartphones, sondern auch mit Karten und Spielsteinen, erstaunlich! Und es macht richtig Spaß und vernichtet Langeweile rückstandsfrei.
Schon nach einem Tag fragte keiner mehr nach dem Internet, und auch die Erwachsenen merkten wieder, dass ein Leben ohne Social-Media-Parallelexistenz möglich ist, zumindest vorübergehend. Dass ein Tag, der nicht von Geglong und Getwitscher unterbrochen wird, nicht nur ein guter Tag sein kann, sondern mitunter ein besserer. Man aß und unterhielt sich, ohne dass permanent jemand Nachrichten, Statusmeldungen und Kommentare auf seinem Smartphone checkte, oder ob man vielleicht eine Mail übersehen oder noch ein Like bekommen hat. Es war ungemein erholsam, auch wenn es in der Tat ein paar Stunden lang merkwürdig war, die herrliche Aussicht aufs blaue Meer ganz allein und ungeteilt zu genießen, ohne sie sofort zu fotografieren und sein Glück mit all seinen Freunden zu teilen, in Schaut-wie-schön-ich’s-habe-Absicht.
Wobei ein sarkastisches Schicksal die Erholung der Autorin noch intensivierte, indem es ihr Handy zerstörte. Wenn man plötzlich wirklich völlig von der Welt abgeschnitten ist: Daran muss man sich erst wieder gewöhnen. Geht aber, fürwahr.
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