Und zärtliche Lumbersexuelle
Lieb sein, nett sein das galt ja vor allem unter Männern lange als weich und schwächlich
Heute: Valentinstag, noch so ein seltsames kulturelles Phänomen. Wobei im Grunde nichts auszusetzen ist an einem Tag, der das Liebsein feiert, weil es sich beim Liebsein um eine Kulturtechnik handelt, die im modernen gesellschaftlichen Kontext gerne unterschätzt, ja, desavouiert wird:
Lieb sein, nett sein das galt ja vor allem unter Männern lange als weich und schwächlich, das war etwas für Kinder und Frauen, und wer lieb war, machte sich verdächtig, ein Waschlappen und Frauen-Versteher zu sein. Vielleicht war das einer der Gründe für die Erfindung des Valentinstags, der es Männern einmal im Jahr erlaubte, so richtig lieb, süß und zärtlich sein zu dürfen, endlich einmal unverhöhnt Rosen zu drapieren, Kuchenteig in Herz-Formen zu gießen und Herzerl-Lichter-Ketten zu affichieren.
Zwischenzeitlich hat sich das Männerbild allerdings glücklicherweise stark diversifiziert. Zum harten Kerl gesellten sich über die Jahrzehnte lustige Nerds, freundliche Hipster-, nette Metro- und zärtliche Lumbersexuelle, und die haben das Liebseindürfen ja in der Typ-DNA eingeschrieben. Und müssen sich eigentlich nicht vom Kalender zu einem Liebsein-Tag verdonnern lassen, dessen Kommerzialisierung und Industrialisierung längst Männer und Frauen zwingt, den signifikanten Andern institutionell mit Herzchen zu behängen, mit Schokolade zu übergießen und in Blütenmeeren zu versenken, auch wenn wir den Blumenhändlern und Schokolade-Manufakturen das Geschäft von Herzen gönnen.
Plus, und weil hier gestern schon von Überhöhungen die Rede war: Zusätzlich immanent ist dem Valentinstag natürlich, dass er die Partnerschaft als dem Alleinleben total überlegen zelebriert, was in einer Gesellschaft, in der über ein Drittel der erwachsenen Bevölkerungen nicht in Beziehungen lebt, eigentlich ein Affront ist. Besser wäre: den Valentinstag in einen generellen, vom Heteronormativen und Amourösen unabhängigen Liebsein-Tag zu transponieren. Wovon dann alle profitieren.
Kommentare