Und immer kam ein Vater zu spät
Endlich wieder Nikolaus. Kann man darüber diskutieren, wie man will. Kann man katholisch sein oder nicht: Nikolaus ist ein schönes Fest, es gedenkt eines Abtes im vierten Jahrhundert, der sein Vermögen unter den Armen verteilte.
Das Schönste an Nikolaus war immer, dass es gemeinsam gefeiert wird: viele Familien, viele Kinder, Kerzen, viel zu essen, und zum Schluss die Sackerln voller Süßigkeiten. Schon als ich ein Kind war, waren immer ein paar Familien zusammen, wenn der Nikolaus kam, es gab Mandarinen und Nüsse und die ersten Weihnachtskekse. Es gab immer frisch gebackenen Leberkäse aus dem Ofen, mit Erdäpfelsalat und Brot. Und immer kam einer der Väter zu spät und verpasste den Nikolaus knapp, ach wie schade, er ist erst vor ein paar Minuten gegangen, du hast ihn gerade versäumt, es war sehr feierlich.
An Krampusse kann ich mich nicht erinnern: Man wollte uns Kindern wohl keine Angst machen, an schwarze Pädagogik glaubten die Eltern nicht, der große Mann mit dem komischen Hut und dem weißen Hipster-Bart war Respekt einflößend und beängstigend genug; jedenfalls für die ganz Kleinen. Lieber loben, und, naja, ein kleines bisschen mit dem Zeigefinger wackeln und auf jene Unarten hinweisen, die die Eltern an ihren Kindern am meisten nervten.
So machten es unsere Eltern mit uns, so machten wir es mit unseren Kindern, also, so lange sie noch mitmachten: Viele Familien, viele Kinder, viele Süßigkeiten, Würstel, kein Krampus. (Apropos Krampus, und weil hier gestern von aus Amerika eingeschleppten Bräuchen die Rede war: Endlich schicken wir auch einmal einen zurück, den Krampus nämlich, vor dem sich Amerikaner gerade im Kino gruseln können, wo er in einem neuen Horrorfilm eine in einem Schneesturm von der Welt abgeschnittene Familie terrorisiert.)
Und auch wenn hier kein Nikolaus mehr kommt: es gibt Kekse, es gibt Kerzen und heuer gibt es sogar Leberkäse, frisch aus dem Ofen, und es gibt natürlich rote Sackerln mit Süßigkeiten, brav wart’s ihr, Kinder; naja.
doris.knecht Doris Knecht
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