Lebensqualität vor Profit

Doris Knecht

Doris Knecht

Und wieder ist Wien zur Stadt mit der höchsten Lebensqualität gewählt worden

von Doris Knecht

über Wien

Und wieder ist Wien zur Stadt mit der höchsten Lebensqualität gewählt worden: zum siebenten Mal in Folge. Langsam wird einigen Leuten ein bissl bang: Die finden, das sollte jetzt mal aufhören, weil Lorbeeren, zumal ein so großer Lorbeer-Haufen, bekanntlich dazu verleiten, sich darauf auszuruhen.

Aber eigentlich ist gerecht, dass Wien immer so gut abschneidet. Kürzlich war ich in der neuen Seestadt und habe mir wieder gedacht: schon toll. Schon sehr beeindruckend, wie viel und wie in Wien wohngebaut wird. Was ja ein wichtiger Aspekt dieser Studie ist, und aller Städte-Studien: Wie wohnt es sich?

Denn wenn das Wohnen, wie in so vielen anderen Groß-Städten, den überwiegenden Teil des Einkommens auffrisst, dann macht das Stress, dann schränkt das das Leben und seine Qualität erheblich ein. Und dann führt das, wie etwa in London, dazu, dass in immer größeren zentralen Stadtteilen nur noch Reiche und Superreiche wohnen, weil alle andern sich das Leben im Zentrum nicht mehr leisten können und an die billigeren Ränder ziehen. Und das ruiniert letztlich die Städte und ihre Infrastruktur, und macht sie zu menschenleeren Häuser- und Luxuslimousinen-Ausstellungen.

Das macht Wien viel besser. Und Wien macht es auch gut, dass hier – und da lohnte sich das jahrelange Einsprucherheben vieler Stadtplaner und Stadtentwicklerinnen – auch Neubauten gewisse lebensqualitätsfördernde Kriterien haben müssen. Etwa jene, dass Erdgeschoße laden- und lokalfreundliche Mindesthöhen haben müssen. Das macht sich, das zeigt sich eben auch in den Promenaden der Seestadt, unheimlich bezahlt. Das fühlt sich ganz anders und viel besser an als in den Neubauten etwa in Zürich und Berlin, wo man sich in niedrige, finstere Läden und Lokale ducken muss, weil das natürlich viel profitabler ist. Auch deshalb verdient Wien diese Lebensqualitäts-Auszeichnung: Weil sie hier tatsächlich immer wieder über den Profit gestellt wird: hoffentlich auch in Zukunft.

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