Ganz Wien fährt Rad
An einem lauen Frühlingsabend, an jedem Tag in Wien: Zahllose RadlerInnen.
Im KURIER war ich vor ein paar Jahren als Radfahrerin noch in recht überschaubarer Gesellschaft. Am Fahrradständer in der Lindengasse standen sommers vielleicht zwanzig Räder, im Winter etwa drei, und wir drei waren Exoten. Mittlerweile hat die Lust am innerstädtischen Strampeln so sehr zugenommen, dass vorgestern im KURIER eine feine "Antrittsrede" zu lesen war, "Radfahren als Kettenreaktion", und ja, das stimmt.
An einem lauen Frühlingsabend, an jedem Tag in Wien: Zahllose RadlerInnen, und kaum mehr eine Bevölkerungsgruppe, in der Radfahrerinnen und Radfahrer nicht vertreten sind: lässige Hipstermädchen auf schmalen, superleichten Vintage-Rennrädern, Männer im Business-Anzug auf coolen, minimalistischen Stadt-Rädern, junge Damen im Fifties-Look, ganz aufrecht auf Holland-Rädern, ältere Damen mit wehenden Tüchern auf Trecking-Bikes, kräftige junge Frauen mit riesigen Liefer-Fahrrädern, ältere Herren auf modernisierten Waffen-Rädern, Familien mit Kinderanhängern, junge Frauen mit hohen Stöckelschuhen, die mich auf knirschenden Puch Sprints aus den Siebzigerjahren mühelos überholen. Ganz Wien fährt Rad.
Und auch Pendler kombinieren bei ihrer täglichen Fahrt jetzt immer öfter die Bahn mit dem Fahrrad, was von den ÖBB, wie Niederösterreich-Pendler Franz L. beklagt, bisher allerdings wenig unterstützt wird. Er kritisiert vor allem die Fahrradgarage am Westbahnhof, die im hinteren Teil des Bahnhofs liege,"für Frauen nachts zu entrisch" und unheimlich. Die Garage ist vom Bahnsteig durch einen Zaun getrennt, der ihn zwinge, "sehr weit in die falsche Richtung zu gehen und dann wieder rund um den Westbahnhof zu radeln", was ihn täglich zehn Minuten koste.
"Das Ding, schreibt Herr L., "gehört nach vorne". Außerdem seien die Bügel darin völlig unpraktisch. Er stelle deshalb sein Fahrrad immer vorne "an den Laternenpfahl", aber es werde gern heruntergeschnitten. Suboptimal kann man sagen, und: absolut optimierbar.
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