Freundlich bleiben, fantastisch sein

Es ist gerade wahnsinnig schwer – ach was: unmöglich –, nicht ein winziges bisschen an eine Kolumne aus der letzten Woche zu erinnern, die mit "Rise like a Wurst" titelte und mit den Worten endete: "Lassen wir uns überraschen. Conchita macht das schon."

Und wie sie es machte. Es war nicht ein bissl ein Votum für die bärtige Dame, es war ein überwältigendes Votum. Es war herzzerreißend und großartig, ein Moment reiner Freude, und ich freue mich immer noch, auch wenn es jetzt schon Dienstag ist.

Nicht alle freuen sich mit, aber das ist nicht der Moment für Ätschbätsch. Wir wollen lieber weiterfeiern, was am Samstag so entschieden postuliert wurde. Dass es künftig nicht mehr so eine große Rolle spielt, als was man auf die Welt geworfen wurde: Wichtig ist, was, wer und wie man sein möchte.

Und dass es gut ist und etwas bringt, freundlich zu sein, und das, was man tut, mit Liebe und Begeisterung anzupacken. Denn Conchita Wursts Sieg: Das war auch ein Sieg der Freundlichkeit.

Wie sie all den Feindlichkeiten, denen sie über Monate ausgesetzt war, immer mit entschiedener Freundlichkeit entgegengetreten ist, bestimmt, aber immer höflich und mit fast übermenschlich viel Toleranz für Andersmeinende: Davon kann man sehr viel lernen. Man muss den Hass ins Leere laufen lassen, mit einem Lächeln durchwinken, das mag naiv wirken, ist aber vielleicht die beste und womöglich die einzig effektive Art, diesen Hass zu neutralisieren.

Und das ist so nett an Conchita Wurst: Sie ist so enorm positiv. Und so sind es auch die Signale, die sie aussendet, für jeden Menschen: Sei, wer du sein willst, lass dir nicht vorschreiben, wer du zu sein hast. Probier dich aus, finde heraus, wer du bist, und wenn es nicht das ist, als das du geboren wurdest: kein Problem. Sei fantastisch!

Conchitas Sieg bewies: Dafür gibt es in Westeuropa einen eindeutigen, überraschend breiten Konsens. Das wird nicht nur toleriert, das wird akzeptiert. Es ist das Beste, das der Song Contest je geleistet hat.