Ein anderer wäre einfach losgefahren

Leser L.E. mailt mir. Man höre, schreibt er, „so oft nur Negatives in Zusammenhang mit den Wiener Linien, dass man sich freut, etwas Erfreuliches berichten zu können.“ Das stimmt, deshalb soll hier seine Geschichte gerne weitererzählt werden.

Samstag, 18. Mai, Buslinie 10 A. An der Haltestelle Cottagegasse sei vorne ein junger Mann ausgestiegen, in der Hand einen Plastiksack. Der Bus hätte nun weiterfahren sollen, aber das tat er nicht: Stattdessen habe der Busfahrer den Motor abgestellt, sei aus seinem Bus gestiegen, habe etwas vom Boden aufgehoben und dem jungen Mann, der sich schon ein ganzes Stück entfernt hatte, nachgerufen. Der marschierte zurück und bekam vom Busfahrer, der inzwischen wieder in seiner Kabine Platz genommen und bei offener Tür gewartet hatte, etwas ausgehändigt. Einen Geldschein: Der Fahrer hatte bemerkt, dass ihn der junge Mann verloren hatte. Ein anderer wäre einfach auf geht-mich-nix-an weitergefahren. Der hier nicht. Leser L.E.: „Das gehört gelobt“. Absolut.

Ich bin versucht, in dieser Kolumne so etwas wie einen „Guten Tag“ einzurichten: ein fixer Tag in der Woche, in der nur es hier nur positive Neuigkeiten gibt. Was halten Sie davon, Leserschaft? Ich wäre natürlich sehr auf Ihre Unterstützung – also Ihre erfreulichen Erlebnisse, freudvollen Sichtungen und stimmungsaufhellenden Erkenntnisse – angewiesen. Ich beginne gleich mit meinem Dank an die LeserInnen Renate A. und Harald H., die mir dringend rieten, beim Radfahren keine Haube, sondern einen Helm zu tragen. Der Rat traf, glaube ich, genau in dem Moment in meiner Mailbox ein, als es mich – urbaner Klassiker – , mit dem Radl in einer Straßenbahnschiene zerlegte, ironischerweise auf dem Weg in die Unfallambulanz, wo der Heilungsverlauf der letzten Fahrradunfallverletzung kontrolliert wurde. Ein freundlicher Autofahrer drehte eine Extra-Runde, um seine Hilfe anzubieten. Aber, good news: Nix passiert, nur eine Beule. Und danke: Ein Helm ist wirklich eine sehr positive Idee.