Diese Hühner leiden wenigstens nicht
Es ist immer die gleiche Frage: Was essen wir? Und auf wessen Kosten?
Die Wiener Ernährungsexpertin Hanni Rützler war dieser Tage eine von zwei Personen, die den ersten im Labor erzeugten Fleisch-Burger kosten durfte: Sie fand ihn etwas trocken.
Der Student André Ford hat mit einem Kunstprojekt an der London School of Architecture Tierschützer in aller Welt gegen sich aufgebracht. Er beschäftigte sich mit „Vertical Farming“, also der Idee, dass die industrielle Agrarwirtschaft der Zukunft statt in die Breite in die Höhe strebt. Was Landwirtschaft auch inmitten von Großstädten ermöglichen würde, und, durch die in vertikalen Gewächshäusern angelegte Massenproduktion tierischer und pflanzlicher Lebensmittel, die autonome Versorgung großer Städte mit agrarischer Nahrung. Zudem würden, argumentieren Befürworter, Energie- und Transportkosten niedrig gehalten und dadurch CO2-Emissionen minimiert.
Ford nun entwickelte eine vertikale Hühnerfarm: Bewusstlose, weil lobotomisierte Hühner ohne Beine, eingespannt in einer Matrix aus Schläuchen, das sie mit Nährlösung mästet, bis sie zu Nahrung verarbeitet werden. Die Bilder sind erschreckend: Hirntote Hühnerkörper, die nichts Animalisches mehr haben. Fleisch-Bäume: Man will sofort eine Petition dagegen unterschreiben. Dann denkt man nach. Was man selbst so isst, und wo das herkommt.
Denn diese Tiere zwischen ihren Schläuchen: Die leiden nicht. Kein Schmerz, kein Stress. Ganz anders als das Geflügel der industriellen Massentierhaltung, das ebenfalls zu einem einzigen Zweck gezüchtet wird: Menschen mit fleischlicher Nahrung zu versorgen, mit Hühnerbrustfilets und Chicken Wings. Fleisch von Tieren, die dafür von ihrer Geburt bis zu ihrem Tod unglaubliche Qualen erleiden müssen. Allein in Österreich werden jährlich 110.000 Tonnen Geflügelfleisch produziert und mehr als 12 Millionen Tiere gehalten – die meisten vermutlich nicht im Freiland. Es ist immer die gleiche Frage: Was essen wir? Und auf wessen Kosten? Das wird uns noch lange beschäftigten.
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