Bei Männern stellt sich die Frage nicht
Bei Männer stellen sich diese Fragen nämlich nicht – außer, Männer stellen sie sich selber.
Kurz vor dem Frauentag lese ich eine orf.at-Meldung aus Vorarlberg: Die nominierte Bürgermeisterin einer 3500-Einwohner-Gemeinde im Bregenzerwald will ihr Amt doch nicht antreten, obwohl sie von einer Liste nominiert wurde, die 23 von 24 Gemeinderatssitzen einnimmt. Was man so liest, scheint Egg ein schwieriges und unübersichtliches politisches Pflaster zu sein, was in dieser Sache bestimmt eine Rolle spielt.
Die nominierte Frau, die das Amt jetzt ablehnte, nannte dafür allerdings einen anderen Grund: Sie habe "zahlreiche bösartige anonyme Anrufe und Beschimpfungen ertragen müssen", die vor allem auf den Umstand abzielten, dass die 35-jährige Mutter von drei Kindern ist. Diese Tatsache habe genügt, um sie "für nicht geeignet zu befinden", es sei, sagte sie dem ORF, nicht lange gefragt worden, wie die Familie sich das aufteile.
"Because it’s 2015" antwortete vor ein paar Monaten der neue kanadische Premier Justin Trudeau auf die Frage, warum die Hälfte seine Kabinetts aus Frauen und Angehörigen von Minderheiten bestehe. Mittlerweile haben wir 2016, und in einer österreichischen Gemeinde wird eine Frau aus dem Bürgermeisteramt gemobbt, weil sie Kinder hat.
Auf gemeindebund.at erfährt man, wie viele weibliche Bürgermeister es derzeit in Österreich gibt: 141 – von insgesamt 2100. Was dort nicht steht: Wie viele Kinder die 1959 männlichen Bürgermeister im Durchschnitt haben: es werden sicher bei vielen davon ebenfalls drei sein.
Was offenbar bei keinem von diesen Männern ein Grund war, ihn vom Amt fernzuhalten oder vor der Wahl zu beschimpfen und zu bedrohen: weil seine Familie unter dem Amt leiden könnte, weil die Kinder zu kurz kommen und Beruf und/oder Haushalt mit dem Bürgermeisteramt nicht zu vereinen sind. Bzw: Weil er das Amt aufgrund familiärer Verpflichtungen vernachlässigen könnte. Bei Männer stellen sich diese Fragen nämlich nicht – außer, Männer stellen sie sich selber. Bei Frauen dagegen. 2016. Das Ziel ist sehr fern.
Kommentare