Kleinigkeiten, ganz, ganz groß

Doris Knecht

Doris Knecht

Kleinigkeiten, ganz, ganz groß.

von Doris Knecht

über Twitter

In Zeiten von Twitter werden kleine Dinge groß. Übergroß, so groß und schwer, dass sie die überraschten Twitteranten zuweilen erdrücken. Mitunter auch unbeteiligte Dritte. Zum Beispiel, wenn Mia Farrow während der „Golden Globes“ twittert, es sei jetzt Zeit, zu „Girls“ hinüberzuschalten: Plötzlich wird die alte Woody-Allen-Affäre in Netz und Medien wieder aufgerührt. Weil an Farrows Tweet die Frage hängt, ob es in Ordnung ist, einen Lebenswerk-Globe einem Mann zu verleihen, dessen Umgang mit seinen minderjährigen Töchtern bis heute ungeklärt ist.

Immerhin; das sind Prominente. Es trifft aber auch ganz normale Menschen: Weil der Babysitter irgendeines Ehepaars in Chicago krank wurde, traf dieses die unglückliche Entscheidung, sein acht Monate altes Baby mit in ein Dreisterne-Restaurant zu nehmen, wo es sich wie ein acht Monate altes Baby benahm. Der Tweet des genervten Restaurantbesitzers und die Frage, ob er die Leute rausschmeißen oder zumindest bitten hätte sollen, sein Restaurant zu verlassen (was er nicht getan hatte), wurden schlagartig viral: und zu einer netz- und damit faktisch globalen Debatte darüber, ob es in Ordnung ist, Babys abends mit in gute Restaurants zu nehmen. (Nein; und zwar nicht nur zum Wohle der anderen Gäste, sondern auch des Babys.)

Dass ein Twitter-Posting kein privater Konversationsbeitrag ist, lernen Menschen oft auf sehr bittere Weise, wie die bis dahin völlig unbekannte PR-Angestellte Justine Sacco aus New York.

Deren Namen plötzlich die halbe Welt kannte, nachdem sie von einem viralen Shitstorm durch Huffpost, New York Times, Buzzfeed und andere beliebte Internet-Portale geweht wurde. Sie hatte völlig unbekümmert ein rassistisches Tweet abgesetzt, das sie innerhalb von Stunden ihren Job kostete, ihr Leben und ihren Ruf ruinierte. Internetweit, und zwar, noch während sie ahnungslos in einem Flugzeug saß. Wer twittert, sucht die Öffentlichkeit, eh. Nur findet man zuweilen mehr als man wollte; sehr viel mehr.

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