Jetzt erst Knecht: So steht's in meinem Buch

Jetzt erst Knecht: So steht's in meinem Buch
Im Buch steht: Die Weiden abschneiden und in Wasser lagern oder gleich in die Erde stecken.
Doris Knecht

Doris Knecht

Wir stehen in Gummistiefeln in unserer Wiese und stecken gleich in die Erde. Der Nachbar, der mit der Nachbarin und einer Scheibtruhe in seiner Wiese steht und einen geeigneten Platz für einen Baum sucht, sagt: Das macht man im Frühjahr. In meinem Buch "Mit Weiden bauen" steht aber, das macht man im Spätherbst, also jetzt, damit die dann gleich nach dem Frost schön wurzeln. Der Nachbar sagt: Aha, ja dann, wenn's in einem Buch steht. Was ist das, sage ich mit Blick in die Scheibtruhe, etwa eine Thuje? Seit wann toleriert ihr Thujen? Sind Thujen nicht der Inbegriff des gärtnerisch Bösen? Nein, das ist ein Mammutbaum, sagt die Nachbarin. Schaut aber aus wie eine Thuje, sage ich. Der schaut nur jetzt so aus, sagt die Nachbarin, der wird sehr schön und, wie der Name schon sagt, sehr, sehr groß. Klingt gut, sage ich, könnte ich auch gebrauchen. Der wächst dir zu langsam, sagt die Nachbarin. Stimmt, ich brauche etwas Schnelles, deshalb die 25 frischen, mehrere Meter hohen Weiden-Stecken, die wir gerade der Grundstücksgrenze entlang in die Löcher rammen, die der Mann in die Erde gehackt hat. 30 bis 45 Zentimeter tief, so steht's im Buch. Die Weiden sollen, so der Plan, im Frühjahr in fettem Grün explodieren und den Blick auf das Grundstück des anderen Nachbarn korrigieren. Der andere Nachbar ist ein sehr netter, stets freundlicher Mensch, nur unterscheiden sich seine ästhetischen Auffassungen über Rohbau- und Gartenkunst ein wenig von unseren. Jeder, wie er mag; aber so ein bisschen dichtes, lebendiges Grün zwischen diesen Auffassungen kann nicht schaden. Wurzelt, ihr Weiden, und wachst.

Kommentare