Jetzt erst Knecht: Schön ist relativ

Doris Knecht
Die Stupa bei Gföhl wird also nicht gebaut.
Doris Knecht

Doris Knecht

67 Prozent der Gföhler stimmten nach langer, heftiger Debatte gegen das große, buddhistische Bauwerk. Unter anderem, weil es zu hoch und nicht schön sei, und nicht zur Waldviertler Architektur passe.

Von Krems kommend ist das Erste, was man von Gföhl sieht, ein riesiges Autohaus, eine Tankstelle, und zwei große Häuser, auf deren einem Dach das Wort "BAUERNMARKT" zu lesen ist, auf dem anderen steht (wenn ich mich recht erinnere) "KFZ". (Oder wars "DISCO"?) Schön ist anders; schöner wird Gföhl erst, wenn man an den Zweck-Flachbauten der Peripherie vorbei in das hübsche, kopfsteingepflasterte Zentrum vorgedrungen ist.

An der Stupa hat sich eine interessante Frage entzündet: Wann für den Menschen "schön" eine Rolle spielt. Und welche anderen Kriterien in der Lage sind, das individuelle und kollektive Schönheitsempfinden in den Hintergrund zu spielen. Es gibt dafür ein paar Kilometer weiter ein perfektes Exempel: Denn die Peripherie von Gföhl erscheint einem ganz zauberhaft, wenn man erst die von Horn gesehen hat. Auch Horn hat eine schöne Altstadt: Es hat aber auch die schlimmste Shopping-Peripherie, die ich in Österreich je gesehen habe. Riesige Bau- und Großmärkte, Diskonter, Tankstellen und Schnellimbisse, deren reizend betonierte Gastgärten direkt auf lauschige Riesenparkplätze hinausgehen.

Erstaunlicherweise stört das das ästhetische Empfinden der Waldviertler nicht: Ist ja praktisch, man hat alles beieinander und genug Parkplätze davor. Plus: Es bringt der Kommune viel Geld.

Schön ist relativ: Vielleicht sollte man überlegen, die Stupa in die Horner Großmarkt-Peripherie zu bauen: Dort fällt sie gar nicht auf.

Kommentare