Kevin ist nicht allein zu Hause
Ein Vorname kann Ballast sein, ein Beton-Schuh
Natürlich: jetzt überschlägt sich die Netzgemeinde mit Namensvorschlägen für den königlichen Buben. Die meisten sind nicht ernst gemeint: Der britische Thronfolger Nr. 3 wird eher nicht Jeremy-Pascal heißen, Marvin-Mattheo, Kanje-Peeta oder North-Storm. Was alles heutzutage gang und gäbe und ganz normal ist. Und die Frage aufwirft, ob es für ein modernes Kind stigmatisierender ist, Chanel oder Chardonnay zu heißen, oder ob Chanel, Chardonnay, Chuchu, Chevi-Gilbert und Cherie-Katniss in der Schule mit Fingern auf Charlotte zeigen und das arme, mit so einem ungewöhnlichen, peinlichen und altmodischen Namen gestrafte Kind auslachen werden.
Denn Zeiten ändern sich und mit ihnen die Namen. Und immer geben genug Eltern ihrem Nachwuchs Vornamen, aus denen sich ganz klar die Epoche ableiten lässt, in die diese Kinder hineingeboren wurden und die Figuren, die diese Epoche prägte. Da ist Kevin gar nicht allein zu Hause, das gab’s schon früher. Und auch schon früher konnten Vornamen zu Stigmata werden, nicht nur, weil sich aus ihnen häufig ein schwieriger, oft unterprivilegierter sozialer Hintergrund der Eltern ablesen lässt. Sondern auch deren politische Verirrungen, wie die vielen, in den 1940ern geborenen Hermanns und Adolfs beweisen.
Ein Vorname kann Ballast sein, ein Beton-Schuh. Freilich ist es nicht ihr Vorname, der schon Kinder in ihrem Fortkommen ausbremst, sondern die Herkunft, denn am besten schützt vor Bildung immer noch Armut. Dass es so wenige Dr. Chantals und Mag. Kevins gibt, liegt nicht an diesen Namen, sondern an einem Bildungssystem, das Kinder aus unterprivilegierten bildungsfernen Familien noch immer benachteiligt, selbst wenn diese Kinder intelligent sind und smart.
Dieses Problem wird der Prinz nicht haben. Er wird, selbst wenn er nicht die hellste Kerze in Gottes Leuchter sein sollte, die beste Bildung erhalten. Und sicher einen schönen, makellosen Namen.
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