Kann man sich nicht mehr vorstellen
Man kann sich das jetzt nicht mehr vorstellen.
Eben zurück aus Zürich; kühl war es dort, aber schön. Unter anderem bin ich den Limmatquai entlangspaziert; links der schöne, breite Fluss mit seinen alten Badeanstalten, mächtigen Brücken und fantastischen alten Bürgerhäusern. Rechts die ruhige Straßenbahntrasse, an der links und rechts die Schanigärten aus breiten, sonnenbefleckten Flaniersteigen sprießen, dahinter steigt das Niederdorf mit seinen vielen Geschäften den Berg an.
Mir ist die Mariahilfer Straße eingefallen, als ich da so schlenderte und mich daran erinnerte, wie das vor elf Jahren ausgesehen hat, als ich eine Zeit lang hier lebte. Dort, wo sich jetzt Leute in Schanigärten von der Sonne bescheinen lassen, parkten früher Autos, und dazwischen war der Limmatquai ein einziger Stau: Von früh bis spät standen stauten dort die Autos mit schlecht gelaunten Menschen darin, die in einer endlosen, lärmigen, stinkigen Stop-and-Go-Schlange zum und vom Bahnhof ruckelten. Dazwischen klemmten Straßenbahnen fest.
Man kann sich das jetzt nicht mehr vorstellen. Niemand kann sich das mehr vorstellen. Aber bevor der Limmatquai 2004 verkehrsberuhigt und dann in eine Flanierzone umgewandelt wurde, war das genauso ein ewiges Politikum wie jetzt die Wiener Mariahilfer Straße, und es war genauso jahrelang verzögert worden. Warum? Man hatte sich das nicht vorstellen können. Und man hatte natürlich um Parkplätze gefürchtet. Hätte jetzt jemand die Idee, die Gastgärten wieder in Abstellflächen für Pkw zu verwandeln, würde man ihm ungläubig den Vogel zeigen.
So wird das auch in der Mariahilfer Straße sein, wenn sie endlich verkehrberuhigt ist. Und es war vermutlich so in der Kärntner Straße und am Graben. Können die Wienerinnen und Wiener – und auch die Touristen – sich heute noch vorstellen, dass der Stephansplatz bis 1974 eine stark frequentierte Kreuzung war, auf die vom Graben und von der Kärntner Straße her Autos eindrängten? Können Sie nicht. Wird der Mariahilfer Straße nicht anders gehen.
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