Jetzt erst Knecht: Es fängt ganz banal an

Doris Knecht
Es ist noch immer kalt. Es bleibt kalt. Und damit lebensgefährlich für Menschen ohne Obdach.
Doris Knecht

Doris Knecht

Leser Josef P. schreibt: "Die vielen, lt. Presse, Kälte-Toten" seien "in Wahrheit zu 90 Prozent Alkohol-Tote. Getrauen Sie sich doch die Wahrheit zu schreiben."

Oh ja. Und: Nein, es ist nicht der Alkohol. Alkoholismus mag bei vielen Wohnungslosen mit ein Grund für das soziale Elend sein, in das sie geraten sind, sehr häufig ist er aber auch eine Reaktion darauf. Die Gründe, warum Menschen obdachlos werden, sind erstens vielfältig, und zweitens sind sie oft sehr banal.

Es kann mit einer simplen Scheidung anfangen, bei der einer ausziehen muss und plötzlich die vier Wände und den Halt verliert. Es kann mit Arbeitslosigkeit anfangen. Es kann damit anfangen, dass die Pension nicht mehr reicht. Und zu all dem kann dann auch noch der Alkohol kommen. Aber auch wenn der Alkohol schuld ist: Haben nur abstinente Obdachlose Hilfe verdient und alkoholkranke die Erfrierungstodesstrafe? Oder was? Definitiv nicht.

Die vielen Leserinnen und Leser, die dankenswerterweise geholfen haben, sehen das auch so. Sachspenden werden bei der Carla Mittersteig immer noch gerne genommen und verteilt. Notschlafplätze stehen, informiert gerade Birgit Hebein, die engagierte Sozialsprecherin der Wiener Grünen, durch den Einsatz der Hilfsorganisationen und vieler freiwilliger Helfer mittlerweile genügend zur Verfügung. Zum Beispiel im U 63, dem Caritas-Männer-Obdachlosenheim im 12., dessen Saftbeisl bei dieser Kälte auch tagsüber geöffnet hat. Oder beim SC Wiener Viktoria, der in seinen Kabinen vorübergehend Schlafplätze eingerichtet hat. Bis jetzt ist in Wien kein Obdachloser erfroren.

Möge es so bleiben.

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