Enorme Fähigkeiten, keine Chance
Der ORF hat eine bemerkenswerte Initiative gestartet
Der ORF hat eine bemerkenswerte Initiative gestartet: " Schule fürs Leben" beschäftigt sich seit Anfang März in verschiedenen Formaten mit dem Hauptproblem des österreichischen Schulwesens: "Ob ein Kind in der Schule erfolgreich ist, die Matura schafft und danach vielleicht auch noch ein Studium abschließt, hängt in Österreich zuallererst davon ab, in welche Familie es hineingeboren wurde", heißt es im Pressetext.
Genau so ist es, und "Thema spezial" beweist das nun bis Ende Juni jede Woche in einem spannenden "Experiment". Schülerinnen und Schüler einer vierten Klasse der Neuen Mittelschule Gassergasse und ViertklässlerInnen des Gymnasiums Rahlgasse wurden zusammengeführt, um voneinander und miteinander zu lernen.
In der Pilotfolge wurden die Kinder vorgestellt. Wie sehr Herkunft und Eltern Möglichkeiten und Zukunft von Kindern determinieren und limitieren, könnte nicht deutlicher werden: Während die porträtierten SchülerInnen der Rahlgasse durchwegs in gut situierte, entspannt wirkende Mittelklasse-Familien hineingeboren wurden, schlafen einige der Gassergassen-Kinder auf der Küchenbank und hatten zum Teil traumatische Kindheitserlebnisse: Krieg, Tod, Flucht, Heimatlosigkeit und Angst prägten ihre Vergangenheit, Angst vor Abschiebung ihre Gegenwart.
Und massive Versagensängste: denn die Eltern, die riesige Hoffnungen in ihre Kinder setzen, haben in jeder Hinsicht nicht die Mittel, sie zu fördern. Es sind Kinder, die enorme Erfahrungen mitbringen und mehrere Sprachen beherrschen, und die im gegenwärtigen Bildungssystem dennoch weitgehend ohne Chance sind. Die Direktorin der Rahlgasse bringt das Bildungsdefizit auf den Punkt: "Mein Vater, der 1919 geboren ist, hatte im Gymnasium die gleichen Fächer, wie wir sie heute haben. Das kann’s nicht sein."
Die ORF-Initiative läuft bis Schulschluss; zumindest bis dahin können auch alle Beiträge in der ORF-TVthek nachgesehen werden, Suchbegriff "Schule fürs Leben". Absolut sehenswert.
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