Jetzt erst Knecht: Debatte mit Nebenwirkung

Doris Knecht
Die Debatte um „Kirchensteuerflüchtlinge" ist ein tückischer Versuch, von den großen, ungelösten Problemen der Kirche abzulenken.
Doris Knecht

Doris Knecht

 

VON DORIS KNECHT

Krise macht erfinderisch: Man erfindet täglich neue Steuern. Neu und innovativ ist allerdings die Erfindung neuer Steuerzahler: Der oberösterreichische Bauernbund-Obmann Maximilian Hiegelsberger präsentierte am Montag seine Idee, all jenen, die keine Kirchensteuer zahlen, einen „Kultusbeitrag“ abzuknöpfen.

Was faktisch einer Ausweitung der Kirchensteuer auf alle österreichischen Steuerzahler gleichkäme, also auch auf jene, die aus der Kirche ausgetreten sind oder ihr von vornherein nicht angehörten. Denn auch die, argumentiert Hiegelsberger, profitierten von den schönen Kulturdenkmälern, die die Kirche in Österreich errichtet hat.

Das stimmt insofern, als Österreich ohne seine sakralen Bauten kulturell tatsächlich viel ärmer wäre. Dass die Konfessionsfreien ihren Kultusbeitrag dafür längst leisten, wird allerdings einfach einmal außer acht gelassen: Denn der Denkmalschutz wird aus Steuergeldern finanziert, und 52 Prozent dessen Budgets wird jährlich zur Erhaltung von Sakralbauten aufgewendet.

Die Debatte hat einen perfiden Nebeneffekt. Sie kreiert den Gottseibeiuns des „Kirchensteuerflüchtlings“ und signalisiert damit, dass all jene, die in Österreich aus der Kirche austreten, das nur oder jedenfalls in erster Linie tun, um sich vor der Kirchensteuer zu drücken. Das ist ein tückischer Versuch, von den großen, ungelösten Problemen der Kirche abzulenken, die sich vermutlich auch heuer in den Kirchenaustrittszahlen niederschlagen werden. Dass so viele Gläubige sich von der Kirche abwenden oder ihre Kinder nicht mehr taufen lassen: Das tun sie nicht wegen der Kirchensteuer. Und ein Kultusbeitrag für alle wird daran gewiss nichts ändern.

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