"Heldenplatz", Burgtheater, 1988
Ich schaute und lauschte atemlos, und vergaß nie.
Sogar, was ich an dem Tag anhatte, weiß ich noch: Eine sehr zerfetzte Jeans, einen riesigen knallgrünen Polyester-Pullover mit schwarzem Stern und über meine Haare soll kein Wort verloren werden. Ich weiß es so genau, weil es drei der Gründe waren, warum ich sagte: Auf gar keinen Fall, kommt nicht infrage. Aber Falter-Chefredakteur Armin Thurnher, mein damaliger Chef, der merkwürdigerweise keine angemessenere Begleitung fand, sagte: Du kommst jetzt mit mir ins Burgtheater, keine Widerrede.
Also ging ich nach der Arbeit mit ihm ins Burgtheater, in eine Aufführung von Bernhards „Heldenplatz“. Und dass Thurnher damals nicht lockerließ, sondern vehement darauf bestand, dass gerade eine verpunkte, postjuvenile Theaterverächterin den „Heldenplatz“ gesehen haben müsse, das vergesse ich ihm nie. Denn er hatte recht. Ich schaute und lauschte atemlos, und vergaß nie. „Heldenplatz“, im Burgtheater, 1988.
Morgen sind es 25 Jahre, dass Thomas Bernhard gestorben ist. Aber für einen, der schon so lange tot ist, ist er mächtig präsent. Als unsterblicher Einspruch gegen die Wiener Gemütlichkeit, als ein genialer Grantler, als rücksichtslos Unausstehlicher, als Nicht-Mitmacher, als Ungemütlicher und Ungeselliger, als radikal Eitler, als Arroganz-Bestie ohnegleichen (die Mallorca-Interviews mit Krista Fleischmann!, „Meine Preise“, oder der Brief-Wechsel mit Siegfried Unseld), als übergenauer Hinschauer, Draufzeiger und gnadenloser Über- und Aufzeichner. Solche gab’s nach ihm noch viele, und es gibt sie auch weiterhin und immer noch, aber kein einziges Mal seit Thomas Bernhards Tod haben sich Schonungslosigkeit und Brillanz in derart virtuosem und explosivem Maß gepaart.
„Ich strenge mich nicht an“, lässt er in „Heldenplatz“ den Professor klagen, „aber ab und zu gestatte ich mir doch eine Erregung / damit ihr nicht glaubt / ich bin schon tot das bin ich nicht im Gegenteil / der Körper ist kaputt aber der Kopf ist jeden Tag neu geboren.“
Nicht tot. Im Gegenteil, ja.
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