Gestatten, Generation Girls
Unmärchenhaft, präzise, schonungslos, qualvoll und enorm komisch.
Ende der 90er-Jahre brachte eine Freundin, die eine Zeit lang in New York lebte, von dort ein Video mit, eine neue Serie, die dort gerade auf HBO lief und von der wir die Buchvorlage kannten. Wir kippten sofort auf „Sex and the City“ hinein, schließlich war man damals, was Serien betraf, nicht sehr verwöhnt, und wenn man mit der schrecklich netten und anderen amerikanischen Sofa-Familien wenig anfangen konnte, blieb einem außer „Cybill“ und „Ally McBeal“ nicht viel.
„Sex and the City“ war, auch wenn wir die märchenhafte Unglaubwürdigkeit durchaus durchschauten, ein Durchbruch in der öffentlichen Repräsentation dessen, was uns beschäftigte: weibliche Autonomie, Feminismus, Männer, Sex, Beziehungen, Gleichberechtigung, Schuhe, und wie man das alles unter der maximaler Bewahrung der Selbstachtung kombiniert. Die ersten zwei, drei Staffeln waren wirklich gut, irgendwann lief es sich lahm und am Ende war es nur noch eine elende Karikatur seiner selbst.
Hoffen wir, dass das „Girls“ nicht passiert. Von „Girls“ haben Sie schon gehört, in den USA läuft gerade die zweite Staffel der HBO-Serie über jene jungen Frauen, die nach dem College nach New York kamen, um dort so cool und schick wie Carrie und ihre Freundinnen zu leben. Um dann aufzuwachen: in schiarchen, finsteren Wohnungen, in billigem Secondhand-Gewand, mit entwürdigenden, oft unbezahlten Jobs. Die Idee dazu hatte die jetzt 27-jährige Lena Dunham, die auch Drehbuch, Regie und Hauptrolle übernahm. Und hier ein sensationelles modernes Epos über das Leben ihrer Generation schuf, deren Möglichkeiten in der weitest denkbaren Distanz zum Tellerwäschermillionärsmythos rangieren – in einer Zeit, in der Ehrgeiz, Tüchtigkeit und Fleiß häufig zum exakt selben Resultat führen wie Ambitionslosigkeit, Selbstmitleid und Faulheit. „Girls“ zeigt, was passiert, wenn nichts funktioniert: ganz unmärchenhaft, präzise, schonungslos, qualvoll und enorm komisch. State of the TV-Art, derzeit: das.
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