Etwas zu verzollen?

Doris Knecht

Doris Knecht

Der Einkauf wurde in zwei Chargen bezahlt

von Doris Knecht

über den Zoll

Damals, als ich noch ein Vorarlberger Kind war, fuhren wir alle paar Wochen zum Einkaufen über die Grenze in die Schweiz. Zum Migros. Wir Kinder bekamen Schoki-Prügile und diese steinharten, kinderfingerlangen Kekse, deren Namen ich vergessen habe, aber bei uns hießen sie Totaböale, also: Toten-Gebein. Man konnte sie auf zwei Arten essen; sie mit den Zähnen knacken, oder lutschen, bis sie sich in einen weichen Matsch aufgelöst hatten. Davon kaufte meine Mutter große, knisternde Säcke. Und Blätterteig kaufte sie. Und einen Kofferraum voller anderer Lebensmittel.

Der Einkauf wurde in zwei Chargen bezahlt: Der Grenzer am Zoll bekam, falls er nachfragte, nur den einen der beiden Kassa-Zettel zu sehen, dessen Betrag genau ein paar Rappen unter der zulässigen Ausfuhr-Höchstgrenze lag. Wir Kinder hinten im Auto waren angewiesen, den Mund zu halten und ganz normal zu tun, während der Grenzbeamte ins Auto lugte. Wie, um Gottes willen, tut man ganz normal? Es gab am Zoll nie Schwierigkeiten, aber es war immer eine aufregende Sache, an den zwei Häuschen vorbeizufahren, an dem ersten, an dem man durchgewinkt wurde, und dem zweiten, an dem man gefragt wurde, ob man etwas zu verzollen oder Fleischwaren dabei habe. Aber wo denn. Nur ein paar Kekse.

Das änderte sich auch später nicht, als wir Jugendlichen in der Schweiz Kleidung kauften, die es drüben in Buchs und St. Gallen schicker und billiger gab . Wir rissen die Preisschilder ab und zogen alles übereinander an. Was zu verzollen? Nein, gar nichts! Mit hochroten Schädeln, vom Lügen und vom Schwitzen. Und wir fuhren mit unseren Mofas nach der Schule über die Grenze, zu den großen Kiosken gleich dahinter und kauften Ziggis steuerfrei und viel billiger.

Das ist schon lange nicht mehr so. Und seit dieser Woche ist es genau umgekehrt. Jetzt kommen die Schweizer nach Vorarlberg und kaufen mit ihren günstig eingewechselten Euros in Österreich ein. Nur Grenzer gibt es keine mehr.

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