Einfach nur still sein

Doris Knecht

Doris Knecht

Man möchte jetzt einfach nur ein bisschen still sein.

von Doris Knecht

über die Anschläge von Paris

Heute schreiben müssen, am Vormittag nach den Anschlägen von Paris … Man will jetzt keine Meinung haben. Man möchte einfach nur geschockt sein, traurig, still. Man macht sich Kaffee, streicht sich ein Marmeladebrot, deckt den Frühstückstisch für die Wochenend-Langschläfer, die sicher in ihren Betten liegen, und denkt dabei an die jungen Leute, die von dem Konzert in Paris nicht mehr nach Hause kamen. An die Menschen, die an einem Freitagabend essen gingen, oder etwas trinken mit Freunden, die sich freuten über einen fröhlichen Feierabend nach einer anstrengenden Woche, mit gutem Essen, fröhlichen Gesprächen, Gelächter. Man denkt an die, die sich freuten, dass der November heuer so spätsommerlich mild ist, dass man noch draußen sitzen kann in der Abendluft, auf den Terrassen am Boulevard.

Man denkt auch an die Mörder mit den Waffen und den Sprengstoff-Gürteln, aber was in deren Köpfen vorging in diesen Augenblicken, das kann man sich nicht vorstellen, das ist nicht nachvollziehbar, dafür hat man keine Werkzeuge, das ist ein anderer Planet, ganz fern, ganz fremd.

Man hört Radio. Man hängt sich in seinen Computer, wo die Timeline immer neue Informationen an einem vorbeispült, was wissen wir, was wissen wir nicht, Bilder von mit weißen Tüchern zugedeckten Leichen, von blutverschmierten Konzert-Besuchern und eine immer neue, ständig wachsende Zahl: 100, 120, 128 Tote. Die Leute auf Facebook posten Betroffenheit, Zorn und Furchtlosigkeit, sie ändern ihre Profil-Bilder in Peace-Zeichen, sie posten Bilder von Tränen, von Kerzen, einige wollen beten. Man schaltet den Computer aus, und das Radio.

Man geht hinaus, man tut irgendwas, man will sich ablenken, aber die Gedanken an die Geschehnisse von Paris kleben an einem, peinigen einen.

Was tun? Man möchte jetzt einfach nur ein bisschen still sein. Und dann wird man weiterleben wie bisher, uneingeschüchtert.

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