Ein verwegener, großartiger Plan

Zurück aus Leipzig, nach zwei wurligen Tagen auf der Buchmesse. Leipzig gilt ja als die süße kleine Schwester der großen Frankfurter Buchmesse, die nettere, gemütlichere, kuscheligere Messe, wie einem all jene bestätigen, die professionell zwei Mal im Jahr an diesem Literatur-Großauftrieb teilnehmen.

Der erneut beweist: Trotz Internet besteht ein vitales Interesse am Medium Buch. Leipzig: Millionen Bücher, Tausende Besucher, Hunderte Aussteller und Dutzende über die Hallen verteilte Lese-Bühnen, vor denen sich manche Menschen in der Früh auf einen Sessel niederlassen, um dann bis zum Abend allem und jedem zu lauschen, was vor ihnen die Bühne betritt, diskutiert, vorliest. Das ist schön; als Autorin weiß man eine solche interessierte Aufmerksamkeit außerordentlich zu schätzen. So wie man all die Menschen sehr zu schätzen lernt, die Bücher planen, Bücher machen, Bücher verlegen und Bücher verkaufen.

Apropos verkaufen: In Leipzig habe ich zwei lässige junge Menschen kennengelernt, einen Mann und eine Frau um die 30, die mir von einem verwegenen Plan berichteten: Sie werden demnächst in Wien eine neue Buchhandlung eröffnen. Eine Buchhandlung! In diesen Zeiten! Ja, eine Buchhandlung in diesen Zeiten, und die beiden sind keine wirren Idealisten, sondern schon lange u. a. als Verlagsvertreterin in der Branche tätig, sie kennen sich aus. Die Buchhandlung Seeseiten jedenfalls eröffnet am 29. Mai in der Seestadt Aspern: möge sie florieren! (Wunderbar übrigens auch die Adresse, denn neue Stadtteile brauchen neue Straßennamen, und nun werden endlich viele nach Frauen benannt. So wie die Janis-Joplin-Promenade; ganz toll.)

Ein Glück nicht nur für die beiden Neo-Buchhändler: Die Steuerreform wird nach langem Hickhack nun doch keine Steuererhöhung auf Bücher bringen, Gott sei Dank. In Leipzig wurde das erleichtert akklamiert.

Doris Knechts neuer Roman "Wald" ist soeben bei Rowohlt Berlin erschienen.