Ein gutes Gewissen gibt’s nicht umsonst

Zwei große Textilkonzerne wollen sich jetzt verpflichten, die Arbeitsbedingungen in Textilfabriken massiv zu verbessern, damit ein Unglück wie der Einsturz jener Fabrik in Bangladesch, bei dem über tausend Menschen ums Leben kamen, nie wieder passiert. Die Tragödie hat einen grausam hellen Fokus auf die Arbeitsbedingungen in solchen Fabriken gerichtet: Wie unsere Kleidung entsteht, unter welchen Umständen und für welche Löhne die Menschen, die sie herstellen, arbeiten. Wieder so ein Thema, ähnlich dem in den letzten Jahren transparent gewordenen Nahrungskomplex: Dass man nicht weiß, unter welchen Bedingungen unsere tägliche Nahrung produziert wird, und wieso sie so billig ist, kann nun langsam keiner mehr behaupten. Dafür haben Fleisch- und andere Lebensmittelskandale und ihre mediale Verarbeitung gründlich gesorgt.

Nach der Katastrophe von Bangladesch wird es genauso schwierig, die Augen davor zu verschließen, wo unsere Kleidung herkommt. Tatsächlich kann wahrscheinlich keiner von uns mit Sicherheit sagen, ob nicht eine der Textilien, die wir oder unsere Kinder im Moment am Leib tragen, durch die Hände einer der Arbeiterinnen ging, die bei dem Einsturz in Bangladesch ums Leben kamen. Oder können Sie? Wenn Sie nicht ausschließlich gütebesiegelte Fair-Trade-Kleidung kaufen: eher nicht. Und auch wenn Sie nur hochpreisige Designer-Ware an Ihre Haut lassen: Auch die wird nicht in luftigen Ateliers in London, New York oder Hamburg von gut bezahlten Schneiderinnen gefertigt, sondern ebenso in Billiglohnfabriken in Vietnam, China oder Bangladesch unter fragwürdigen und teilweise ausbeuterischen Bedingungen hergestellt. Mit noch höherer Gewinnspanne.

Immer mehr Menschen wollen nun nicht nur mehr beim Essen, sondern auch beim Anziehen ein gutes Gewissen haben, und sie wollen, dass die Konzerne Verantwortung übernehmen und zeigen. Es muss uns aber auch klar sein, dass es das nicht umsonst gibt. Und nicht in einem T-Shirt um 2,90.

doris.knecht Doris Knecht