Eigentlich merkwürdig

Doris Knecht

Doris Knecht

Die letzte Rad-Kolumne wurde erstaunlicherweise von einigen Radfahrern tüchtig missverstanden. Natürlich aufgrund des Titels: "Ungerechte Bevorzugung von Radlern". Der sollte durch seine leicht überspitzten Verkürzung in den Text ziehen, in welchem es dann darum ging, dass die nur scheinbar ungerechte Bevorzugung von Radfahrern an Ampeln und Stopptafeln zu begrüßen ist. Also, wenn man den Radverkehrsanteil und die Zahl der zu Fuß gehenden Verkehrsteilnehmer erhöhen möchte.

Einer unterstellte, ich verstünde den Sinn von Ampeln nicht, und das schmerzt natürlich bitterlich. Vor allem, weil in der Kolumne ein Absatz genau zu dem Thema Ampeln der Kürze zum Opfer fiel.

Denn wenn darüber gesprochen wird, ob rote Ampeln Radfahrer im Unterschied zu Autofahrern nicht mehr zum Anhalten zwingen sollen, muss man sich auch daran erinnern, wozu Ampeln in erster Linie eingeführt wurden. Einerseits dazu, den starken Verkehrsteilnehmern, also den Pkw, abwechselnd Vorrang zu verschaffen. Andererseits dienen sie dem Schutz der schwächeren Verkehrsteilnehmer. Würde der motorisierten Verkehrsfluss nicht zwangsweise immer wieder unterbrochen und dadurch schwächeren Verkehrsteilnehmern, Fußgängern vor allem, gefahrloser Zutritt zur Fahrbahn verschafft, würden die nie über die Straße kommen, oder nur, indem sie sich in Lebensgefahr brächten. (Wenn man diesen Gedanken zu Ende denkt, kommt einem die Regelung, Fußgänger mit Geldbußen zu bestrafen, wenn sie bei roter Ampel eine augenblicklich unbefahrene Fahrbahn überqueren, ein wenig merkwürdig vor: Im Prinzip werden sie dafür bestraft, dass sie freiwillig auf in diesem Moment unnötigen Schutz verzichten.) Radfahrer sind genau dazwischen: stärker als Fußgänger, viel schwächer als Autos. Aber schmaler, wendiger, im Stadtverkehr schneller und besser in der Lage, sich einen Überblick zu verschaffen. Die Sache mit der roten Ampel ist eine Überlegung wert.

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