Man muss das spüren
Es reicht nicht, einfach zu sagen: Das ist jetzt kein Straße mehr.
Gestern war ich endlich in der Mariahilfer Straße. Voller Neugier, wie das dort jetzt alles anders ist. Und ich war auch höchst überrascht, als ich um halb elf Uhr Vormittags von der Zweierlinie einbog: Es war alles genau wie immer. Auf dem Gehsteig gingen Leute, auf der Straße fuhren Autos und Radfahrer. Etwas weniger als früher; aber eigentlich war alles fast exakt wie zuvor.
Der Eindruck änderte sich kaum, als ich, brav im Schritttempo, in die Fußgängerzone einradelte: Räder, Bus und Lieferfahrzeuge auf der Straße, Passanten auf den Bürgersteigen. Bis zur Andreasgasse zählte ich acht Fußgänger auf der ehem. Fahrbahn, sechs davon waren PolizistInnen. Die Traube der Leute, die es aus der U-Bahn spülte, wagte sich nur zögernd über die Gehsteigkante. Bei der Kirchengasse warteten Fußgänger brav an der Fußgänger-Ampel, obwohl sie nur einen Meter weiter, neben dem Zebrastreifen, schon innerhalb der Fußgängerzone gewesen wären. Vielleicht ist die Momentaufnahme nicht exemplarisch: aber in dem speziellen Moment hat es nicht funktioniert.
Es ist aber – kleine, unqualifizierte Expertise – auch völlig klar, warum nicht. Weil das nicht wie eine Fußgänger- oder Begegnungszone aussieht. Und sich nicht so anfühlt. Und zwar wegen der Gehsteige: Wir sind seit unserer Kindheit darauf konditioniert, immer und unbedingt den Gehsteig zu benutzen, und wenn einer da ist, tun wir das automatisch. Genauso, wie es mir nicht einfallen würde, dort auf dem Gehsteig zu radeln – obwohl ich das jetzt ja wohl darf.
Ich glaube weiterhin, dass die Fußgänger-/Begegnungszone Mariahilfer Straße die richtige Idee ist: Aber solange dort nicht alles auf einem Niveau und damit wirklich eine Einheit ist, solange es Gehsteige und eine Fahrbahn dazwischen gibt, solange wird das nicht funktionieren. Es reicht nicht, einfach zu sagen: Das ist jetzt kein Straße mehr, das ist jetzt eine Fußgängerzone. Man muss das auch sehen. Man muss das spüren. Und bis jetzt spürt man das nicht.
Kommentare