Die wichtigste SMS des Lebens
Man fragt sich, ob die Leute verrückt geworden sind
Am Mittwoch wäre ich beinahe mit einem Mopedfahrer kollidiert, der mit seinem Motorroller auf die Gegenfahrbahn geraten war, als er während der Fahrt eine SMS in sein Handy tippte. Man fragt sich, ob die Leute vollkommen verrückt geworden sind. Die Antwort lautet: ja. Es ist schwer zu glauben, dass die Leute so dumm sind, aber sie sind es. Die Unfälle, verursacht von Autofahrern, die während der Fahrt SMS schreiben, sind besonders in den USA derart häufig geworden, dass etwa im Staat New York erst kürzlich auf Autobahnen eigene „Texting-Areas“ eingerichtet wurden, auf die hingewiesen wird mit riesigen, blauen Schildern mit der Aufschrift „IT CAN WAIT: TEXT STOP 5 MILES“.
Seit dem Sommer ist „From One Second to the next“ auf YouTube zu sehen: Eine 35 Minuten lange Dokumentation des deutschen Regisseurs Werner Herzog, in der er Menschen zu Wort kommen lässt, deren Leben oder das ihrer Kinder und Verwandten von SMS-Unfällen zerstört wurden. Herzog sprach auch mit einer jungen Frau, deren Vater von einem textenden Autofahrer getötet wurde.
Man lernt in dem Film Chandler Gerber kennen, einen jungen Familienvater, der während der Fahrt seiner Frau ins Handy tippte: „I love you“. Diese SMS tötete drei Menschen: die Kinder einer amischen Familie, die mit ihrem Fuhrwerk gerade auf derselben Straße unterwegs war, drei, fünf und 17 Jahre alt. Ein anderer Mann, Reggie Shaw, weint, als er von dem Unfall erzählt, den er wegen Textens verursachte: Er sagt, er könne sich an die SMS, die er während der Fahrt schrieb, nicht einmal mehr erinnern, „so unwichtig war sie“. Zwei Familienväter starben wegen dieser SMS.
Chandler Gerber sagt in dem Film, er wünsche sich nichts mehr, als noch einmal zu diesem Tag zurückkehren zu können, die Chance zu kriegen, es anders zu machen, wieder in seinem Auto zu sitzen und sich zu sagen: Ich kann diese SMS schicken, wenn ich nächstes Mal anhalte. Hätte er das getan: Drei Kinder wären noch am Leben.
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