Die meistgehasste Schrift der Welt

Wussten Sie, dass es eine meistgehasste Schrift gibt? Ich auch nicht, und ich habe die längste Zeit sehr gut ohne dieses Wissen gelebt. Aber jetzt weiß ich: gibt es. Davor war mir nicht einmal klar, dass man Schriften hassen kann, so richtig von Herzen, dass Schriften diese Anlage in sich tragen. Tun sie aber offensichtlich, jedenfalls hat diese eine Schrift diese Wirkung auf erstaunlich viele Gleichgesinnte. Was natürlich wiederum damit zu tun hat, dass sehr viele andere die Schrift so sehr lieben und sie für alles und jedes und immer verwenden.

Nicht ich. Ich tippe meistens in der Schrift Cochin, wahrscheinlich, weil ich sie mit der Times verwechselt und vorübergehend vergessen habe, dass die Lucida Grande eigentlich viel schöner ist: eine angenehm luftige, moderne, serifenlose Schrift, die sich, im Gegensatz zur anderen Lieblingsschrift Courier, auch zum Schreiben und für die Lektüre längerer Texte eignet. Die altmodisch ordentliche, übersichtliche, gleichmäßig breite Courier drängt sich dafür in Ankündigungen schön in den Vordergrund.

Die bei Grafikern aktuell beliebteste Schrift ist, wenn ich das richtig beobachte, noch immer die Helvetica Neue Light, eine Schrift, so zart, dass sie sich eigentlich gar nicht fürs Plakative eignet. Sie wirkt aber offenbar dennoch.

Die meistgehasste Schrift aber ist die Comic Sans, erfunden Mitte der 1990er-Jahre, über deren Hässlichkeit es einen internationalen Konsens der Abneigung gibt. Wer Comic Sans googelt, wird nicht nur erstaunlich viele Seiten finden, die die Sprechblasen-Schrift entschieden verurteilen, sondern auch Entzugs-Websites, die Comic-Sans-Junkies zum Ausstieg verhelfen wollen (comicsanscriminal.com) oder, wie bancomicsans.com, gleich ihr Verbot fordern: Diese Schrift sei so abscheulich, sie müsse ganz von der Erde verschwinden. Unzählige Bilder von öffentlichen Schriftzügen sollen belegen, wie schrecklich die Welt von dieser Schrift verwüstet wurde. Und ja, jetzt sieht man sie plötzlich auch; Comic Sans, überall.