Das war’s mit dem Bart

Doris Knecht

Doris Knecht

Es tragen jetzt so gut wie alle Herren Bart und, im Nachhall von Conchita Wursts Erfolg, auch ein paar Damen.

von Doris Knecht

über Bärte

Vor zwei oder drei Jahren wurden einmal hier in dieser Kolumne Bärte als schön empfunden. Was heißt: als derart schön, dass empfohlen wurde, es sollten alle, oder zumindest die meisten Männer den Gesichtsteppich sprießen lassen; das schmeichle nun doch beinahe eigentlich jedem männlichen Antlitz.

Das war, darf nun gesagt sein, eine der erfolgreichsten Kolumne aller Zeiten, denn selten ging ein darin formulierter Wunsch derart umfänglich in Erfüllung. Es tragen jetzt so gut wie alle Herren Bart und, im Nachhall von Conchita Wursts Erfolg, auch ein paar Damen. Und zwar Bart im Sinne von Vollbart im Stadium wochen-, ja monatelang ungehinderten Wachstums. Drei-, Zehn-Tage-Bärte, hatten wir alles, aber Vollbärte, das war schon sehr lang nicht mehr schick, als Bob Ross Anfang der 90er-Jahre den Bildschirm verließ.

Jetzt aber ist alles anders. Gesichtsteppiche, wohin man blickt. So allüberall und umfassend, dass der Guardian dieser Tage meldete, es sei nun Peak Beard erreicht, der Gipfel des Bartes. Mehr Bart gehe nicht, ab jetzt könne es nur noch wieder bergab gehen, das Ende das Vollbartes sei eingeläutet.

Und mit ihm das Ende des Hipsters.

Ihre Autorin weiß das schon längst, und kann genau benennen, seit wann. Am 17. Jänner 2014 stolperte ich in der taz über das Foto eines gestikulierenden Herrn in weißem Hemd, mit langem, dichtem Bart, strubbeligem Kurzhaar und einer Brille mit dickem, braunem Hipster-Gestell. Er hatte Leder- und Holzperlen-Armbänder ums Handgelenk geschlungen, alles vollendet Hipster-vorschriftsmäßig. Es handelte sich um den bisher vorne stets glatt rasierten und oben stabil haargegelten Kai Diekmann, den Chefredakteur der deutschen Bild-Zeitung. Da war’s klar: Mit den Hipstern ist es vorbei, endgültig und unwiderruflich.

Es wundert also nicht, dass der Guardian den Hipster nun ebenfalls feierlich und formvollendet verabschiedet. Und mit ihm den Vollbart. Diese Kolumne ist darüber traurig, trotz allem.

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