Das lehnen wir ab
Überraschenderweise bin ich von Ihnen, LeserInnenschaft, für die Erfindung des Wortes "sier" nicht gegeißelt worden. Wie ich es allerdings erwartet hatte, weil Wortkompositionen normalerweise mit großem Argwohn, ja, was heißt: massiver Ablehnung aufgenommen werden. Zu meiner größten Verwunderung gab es für "sier" – die gegenderte Verbindung von "sie oder er" – sogar Lob.
Naja, ein Lob, um genau zu sein, von Leser Eric Sch., der schreibt: "Geniale Erfindung, warum ist da bisher noch niemand draufgekommen. Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, wenn ich die Wortschöpfung ,sier" hiermit übernehme."
Dankeschön. Und selbstverständlich gern! Gesperrte Exklusivrechte auf Worte tragen ja im Allgemeinen nicht zu deren Inkorporation in den Sprachschatz bei. Also bitte, tragen Sie es in die Welt hinaus, verwenden Sie es tüchtig, machen Sie es gebräuchlich. Ich erwäge derweilen neue Begriffsschöpfungen.
Ich habe aber auch etwas zu loben. Sie erinnern sich an jene Kolumne, in der Leserin Claudia Sch.-E., die mit ihrer Familie mit der Bahn unterwegs war, von einem Zugbegleiter unterstellt wurde, ihr Sohn könne aufgrund seiner Hautfarbe nicht ihr Sohn sein?
Die Druckerschwärze der Kolumne war noch kaum getrocknet, erreichte mich schon eine ÖBB-Mail. Man würde gern Kontakt mit der Familie aufnehmen, denn die ÖBB, schrieb die Pressesprecherin, lehnten "jede Form der Diskriminierung ab".
Das geschah, und man entschuldigte sich bei Claudia Sch.-E.: In einem persönlichen Gespräch und mit Reisegutscheinen. Man hoffe, schreibt die Pressesprecherin, damit sei "eine gute Lösung" gefunden. Wir meinen: Ja, bravo, ist es.
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