Das hören wir dann später

Doris Knecht

Doris Knecht

Jeder Zeit ihre Kunst: das gilt auch für Lebenszeit.

von Doris Knecht

über Bob Dylan

Drei Jahre lang hat Bob Dylan keine Interviews gegeben. Er spielte, tourte und arbeitete an einem neuen Album, das demnächst erscheint. Und dafür gab er jetzt ein Interview: dem AARP-Magazin.

Falls Sie davon noch nichts gehört haben, liegt das daran, dass Sie kein Amerikaner und keine Amerikanerin über 50 sind, die Zielgruppe des Magazins. Senioren-Magazine gibt es natürlich zahlreich auch im deutschsprachigen Raum, doch während deren Cover meist rüstige Omas und Opas in Wollpullovern oder Blusen aus dem Beige-Bereich samt süßen Enkelkindern und freundlichen Hunden zeigen, ziert das AARP-Cover ein wahnsinnig gut und fit aussehender, bärtiger Kevin Costner im legeren Jeans-Hemd. Sowie die Schlagzeile: "Sechs schlechte Angewohnheiten, die tatsächlich gesund sind".

Und im neuen Heft spricht eben Bob Dylan, bald 74; plus: Er verschenkt sein Album an 50.000 LeserInnen. Denn natürlich weiß Dylan, wie alle noch aktiven Rockstars, die wie er in den 1960er-Jahren sozialisiert wurden, dass das die Menschen sind, die seine Musik hören und immer schon gehört haben, die ihm seinen Lebensunterhalt finanzieren, und zwar seit Jahrzehnten.

Auch wenn Ihre Autorin selbst gerade noch nicht zum Personenkreis der Pensionistinnen gehört (das ist man hierzulande groteskerweise ja ab 50, Fitness, Pumperlgesundheit und durchschnittliche Lebenserwartung von 84 – bzw. 79 bei Männern – hin oder her) gehört: Die erste LP, die ich besaß, war das unbetitelte Album mit Bob Dylans Kopf aus Glas, das vor allem Coverversionen enthält. Es war eine Initiation, die eine Dylan-Leidenschaft auslöste, die bis vor ein paar Jahren, bis zum Album "Time out of Mind", anhielt: danach wurde mir Dylan, ehrlich gesagt, zu schnell zu alt.

Aber vielleicht wächst ja irgendwann, mit dem eigenen Altern, auch die Liebe zu Dylans Spätwerk. Man hat sich ja auch die letzten Philipp-Roth-Romane für später aufgehoben. Jeder Zeit ihre Kunst: das gilt auch für Lebenszeit.

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