Ausgesperrt und eingesperrt

Wochenende = Schnecken aus dem Beet picken. Und dabei über den Brexit nachdenken. Das lässt keinen kalt. Diese Leave-Wähler, denen plötzlich bewusst geworden ist, wie Demokratie funktioniert ... Und dass ihre als Denkzettel gedachte Stimme wirklich dazu geführt hat, dass England bald nicht mehr zu Europa gehört. Und dass sie damit nicht nur dem ungeliebten Premier eins auswischten, sondern ihrem Land, sich, ihren Kindern.

Dass sie, wie der schon lange mit seiner Familie in England lebende Musiker und Journalist Robert Rotifer auf fm4.at schreibt, bald nicht mehr auf ihre blaue Versicherungskarte "vertrauen können, wenn sie beim Polterabend in Bratislava die Hotelstiegen runterstolpern und im örtlichen Spital aufwachen". Dass den Leuten erst jetzt, wo sie es bald nicht mehr sind, klar wurde, was es bedeutet, Europäer zu sein, und welche Vorteile sie davon hatten.

Das sollten die bedenken, die jetzt auch in Österreich mit einem Referendum kokettieren. Und die, die das schon an der Wurzel verhindern wollen: Man muss die Menschen spüren lassen, dass für sie als Bürger, als Urlauber, als Reisende, als Studierende, als Eltern von Studierenden, als Kleinunternehmer, als Wirtschaftstreibende und Arbeitnehmer von internationalen Konzernen die Vorteile eines gemeinsamen Europa, eines großen Wirtschaftsraumes überwiegen. Und dass eine Grenze nicht nur nach innen dicht macht, sondern auch nach außen, nicht nur aus-, sondern auch einsperrt. Viele Briten haben das erst jetzt begriffen.

Über derlei denkt man nach, während man unter glühender Sommersonne im Beet herumwühlt und im Unkraut nach Salatköpfen sucht. Das Paradeiserwunder von 2016 ist übrigens praktisch unter Fach und Dach: Es gibt (kann man auf Facebook besichtigen, wenn man mag) heuer einen Regenschutz aus alten Fenstern, der erst unlängst zu einem luftigen Paradeiser-Gehege erweitert werden musste: So wild ist der Wuchs, er sprengt alle Grenzen.