Alles irrtümlich gelöscht

Doris Knecht

Doris Knecht

Alles irrtümlich gelöscht.

von Doris Knecht

über die Wunderlist-App

Die Wunderlist-App, die man kürzlich hier frenetisch feierte, hat soeben alle Einträge verschluckt. Ungefähr 25 Listen mit Hunderten Notizen, Ideen und brauchbaren Links, alles weg, verschwunden im virtuellen Orkus, verdaut im Cybermagen. Die Liste liegt nun rein und unschuldig und eintragsfrei auf dem Bildschirm und reagiert nicht auf den Nervenzusammenbruch der Userin davor. Alles weg. Man ist praktisch verloren.

Und es ist offenbar eine Serie. Letztes Jahr verlor man durch ein Kommunikationsproblem mit einem Callcenter-Mitarbeiter eines Providers, der den alten Provider gekauft hat, den Blog: alle Daten irrtümlich gelöscht, Tausende Texte aus einem Dutzend Jahren, die man darin archiviert hat, einfach weg. Wenn es einen Sinn hätte, könnte man darüber stundenlang Tränen vergießen, hat es aber nicht. Weg ist weg.

Kürzlich erst verlor man im Zuge einer Umstellung die Rechte auf die eigene Facebook-Seite; ein Hakerl falsch angeklickt, schon darf man seine eigene Seite nicht mehr verwalten und veröffentlichen. Man hat nämlich, erfährt man, nur Administratoren- und keine Manager-Rechte, und dass es keinen Manager gibt, ist der Maschine wurscht, und jetzt liegt die Seite unsichtbar im Netz wie ein gesunkenes Schiff, mit allem darin, was damit auf hoher Cyber-See segelte. Tja.

Es ist alles ein starkes Plädoyer für Stift und Papier. Man braucht dringend ein neues Notizbuch. Man muss unbedingt wieder anfangen, seine Gedanken mit einem Kuli zwischen zwei Kartondeckel zu schreiben. In ein kleines, stabile Buch, das man immer in der Tasche hat, und das, wenn man es öffnen und etwas hineinschreiben will, kein Passwort verlangt. Und das nicht zickt, wenn man dieses Passwort vergessen hat.

Und das keine Aktualisierung verlangt, die, wie gerade eben bei der Wunderlist-App, wie ein Totalreinigungstrupp wirkt, der jede Spur einer menschlichen Aktivität wegwischt. Und jeden Gedanken, der sich darin je befand, sorgfältig ausradiert. Alles weg. Heiliger.

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