Frau Merkels Muskelkrämpfe
Kein Mitleid kannten die Gläubiger mit ihren Schuldnern. Die deutsche Gründlichkeit fegte am Freitag über die griechische Leidenschaft hinweg. Da freute sich auch die im Stadion anwesende Bundeskanzlerin Angela Merkel gründlich – auf ihre unverwechselbare Art.
Denn bei allem Respekt vor ihrer beruflichen Qualifikation, beim Bejubeln deutscher Torerfolge macht Frau Merkel keine gute Figur. Die Bilder, die um die Welt gingen, erinnerten an eine von Muskelkrämpfen gebeutelte Robbe, der das Klatschen mit den beiden Flossen Schmerzen bereitet.
Und sie hatte noch Glück, war doch zumindest keine Superzeitlupenkamera auf sie gerichtet, als dieses Merkel-würdige Schauspiel übertragen wurde. Diese wunderbaren Bildstudien, die die Zeit in ihre Einzelteile zerlegen und dabei jeden Schwalben-Flug entlarven und jede Emotion vervielfältigen, hätten Angela Merkels unbeholfenes Zusammenwirken von patriotischer Erregung und modernem Ausdruckstanz noch skurriler aussehen lassen.
Wirklich seltsam ist: Trotz all dieser Verrenkungen wirkt die Kanzlerin immer noch sympathisch. Ein Umstand, der bei heimischen Politgrößen undenkbar wäre. Die wünscht man meist nur im Zeitraffer zu sehen – damit’s schneller vorbei ist.
Noch ein Hinweis in sprachlicher Sache: Thermometer können – wirklich! – nicht klettern. Auch wenn Michael Roscher (ORF) das behauptet hat.
dietmar.pribil@kurier.at
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